Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der Verwendung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz im Rahmen einer Presseberichterstattung.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 06.04.2006; Aktenzeichen 27 O 162/06) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Berlin vom 6.4.2006 (27. O. 162/06) wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung des Zitierens aus einem "presserechtlichen Informationsschreiben" des Antragstellers in der von der Antragsgegnerin verlegten Zeitschrift "B." Nr. ... vom 2.2.2006 in Anspruch. In dem Beitrag wurde über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin wegen Steuerhinterziehung gegen die Mandantin des Antragstellers (N.A.) und deren Ehemann berichtet.
Das LG Berlin hat antragsgemäß die einstweilige Verfügung vom 14.2.2006 erlassen und diese nach Widerspruch der Antragsgegnerin durch Urteil vom 6.4.2006, der Antragsgegnerin zugestellt am 24.4.2006, bestätigt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 18.5.2006 eingelegten und mit Schriftsatz vom 26.6.2006, einem Montag, begründeten Berufung.
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin meint, der Antragsteller könne sich nicht auf sein Persönlichkeitsrecht berufen, weil er selbst das Informationsschreiben an eine Vielzahl von Presseunternehmen gesandt und damit öffentlich gemacht habe. Sowohl die Berichterstattung über die Mandantin des Antragstellers als auch das angegriffene Zitat seien rechtmäßig erfolgt. Die Antragsgegnerin habe mit dem Zitat ihrer pressemäßigen Sorgfaltspflichten genügt, im Rahmen der Verdachtsberichterstattung über die Mandantin des Antragstellers deren Sicht der Dinge darzustellen. Die Erklärungen in dem Informationsschreiben würden ohnehin nicht dem Antragsteller sondern dessen Mandantin zugerechnet.
Zudem sei das Zitat nicht rechtswidrig gewesen, weil dem Autor des Artikels das Informationsschreiben des Antragstellers nicht bekannt gewesen sei, dieser vielmehr aus einer Drittveröffentlichung im Internet unter www.f.biz zitiert habe, gegen die der Antragsteller bis heute nicht vorgegangen ist.
Die Antragsgegnerin beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die einstweilige Verfügung vom 14.2.2006 unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben.
Der Antragsteller beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Antragsteller meint, er sei als hilflose Figur dargestellt worden, die für seine Mandantin noch versucht habe zu retten, was zu retten ist. Sein Brief sei vor einem Millionenpublikum ausgebreitet und damit in sein Mandantenverhältnis eingegriffen worden. Er sei beauftragt gewesen, die Berichterstattung zu verhindern, stattdessen sei dies konterkariert worden, indem genüsslich die Aussagen des Antragstellers in der Berichterstattung ausgebreitet worden seien.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Veröffentlichung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz kann das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Rechtsanwaltes in seiner Ausprägung als Selbstbestimmungsrecht, in bestimmtem Umfang darüber zu entscheiden, ob und wie die Persönlichkeit für öffentlich verbreitete Darstellungen benutzt wird, beeinträchtigen. Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Deshalb steht grundsätzlich allein dem Verfasser die Befugnis zu, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form eine sprachliche Gedankenfestlegung seiner Person der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. (vgl. BGH NJW 1954, 1404; BVerfG v. 3.6.1980 - 1 BvR 185/77, NJW 1980, 2070) Darüber hinaus kann das Recht auf freie Berufsausübung gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt sein, weil der Ruf des Rechtsanwalts beeinträchtigt sowie dessen Tätigkeit des Rechtsanwalts in ein schlechtes Licht gerückt werden kann.
Auch diese Rechte sind allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Ob eine Verletzung dieser Rechte vorliegt, ist jeweils anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt dessen Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite, hier insbesondere mit der ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleisteten Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), bestimmt werden (BGH NJW 1991, 1532). Gleiches gilt für eine Beeinträchtigung des Rechts auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). So hat der Senat schon in seinem Urteil vom 3.3.2006 (9 U 117/05) darauf hingewiesen, dass es ein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu zitieren, nicht gibt (vgl. auch BVerfG v. 17.12.1999 - 1 BvR 1611/99, NJW 2000, 2416 sowie Beschluss des Senates vom 31.10.2006 - 9 W 152/06).
Diese Güterabwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass di...