Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Vollbeweis des Fahrzeugsdiebstahls in der Kfz-Kaskoversicherung nach Wiederauffinden des Fahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
Der Vollbeweis des Diebstahls ist nicht schon wegen des Wiederauffindens des Fahrzeugs in Polen nach ca. einem Jahr seit der Diebstahlsmeldung geführt, wenn es dort von der Polizei in aufgebrochenem Zustand ohne Kennzeichen, mit gefälschter FIN und abgeschliffenen Federdomen aufgefunden wurde und seither ca. 20.000 weitere Fahrtkilometer zurückgelegt hat. Denn diese Tatsachen sagen für sich nichts darüber aus, ob das Fahrzeug unfreiwillig durch Diebstahl nach Polen gelangt war.
Normenkette
VVG § 1 S. 1, § 88; AKB 2008 A. 2.1.2b; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 23.10.2013; Aktenzeichen 42 O 77/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Berlin vom 23.10.2013 - 42 O 77/13 - wird auf ihre Kosten bei einem Berufungswert von 41.866,81 EUR zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht zuvor die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Versicherungsleistungen aus einem mit der Beklagten für den Pkw BMW M 3 Cabrio geschlossenen Kaskoversicherungsvertrag mit der Behauptung, das Fahrzeug sei in der Zeit zwischen dem 9.5.2012, ca. 22:30 Uhr, und dem Mittag des 10.5.2012 auf dem Mittelstreifen des Kaiserdamms in Berlin vor dem dortigen Wohnhaus Nr. 36 gestohlen worden. Die Ehefrau ihres Geschäftsführers habe es dort in dessen Anwesenheit abgestellt; dieser habe es dort am Folgetag nicht mehr aufgefunden, sondern lediglich sein im Fahrzeug liegen gelassenes Handy.
Das LG hat nach Anhörung des Geschäftsführers und Vernehmung dessen Ehefrau als Zeugin die Klage abgewiesen, weil es den Beweis für das sog. äußere Bild des Diebstahls nicht als geführt ansah.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes, der Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil vom 23.10.2013 verwiesen.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung die erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie greift die Beweiswürdigung an und macht geltend, den Beweis jedenfalls wegen des Wiederauffindens des Fahrzeugs in Polen durch die dortige Polizei am 17.6.2013 und den hiermit im Zusammenhang stehenden, bekannt gewordenen Tatsachen als auch aufgrund der nach Rückführung festgestellten Spuren gewaltsamer Öffnung der Fahrertür und der Heckklappe führen zu können. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung und die nachfolgenden Schriftsätze vom 22.8.2014 und 9.10.2014 nebst Anlagen bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 23.10.2013
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.866,81 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.11.2012 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, sie von den außergerichtlichen Kosten gemäß der Gebührenordnung der Rechtsanwälte ...zu der Rechnungsnummer 13-00142 i.H.v. netto 1.379,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (27.3.2013) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet weiterhin den Diebstahl des Fahrzeugs.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 10.4.2014, 22.9.2014 und 28.10.2014 verwiesen.
II. Die zulässige Berufung war durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Denn der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen. Die Berufung ist offensichtlich nicht begründet. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes durch Urteil. Auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 19.9.2014 verwiesen. Auch das weitere Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 9.10.2014 rechtfertigt keine andere Entscheidung.
1. Die Klägerin hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz das sog. äußere Bild des behaupteten Diebstahls nicht bewiesen. Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Zweifel bestehen hier nicht, wie im Hinweisbeschluss ausgeführt.
Soweit der Kläger geltend macht, es werde übersehen, "dass Erinnerungslücken des Geschäftsführers oder diverse Unklarheiten keine konkreten Tatsachen darstellen, die für eine Erschütterung der Redlichkeitsvermutung notwendig sind", trifft dieser Einwand aus mehreren Grü...