Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 97 O 115/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 23. November 2016 - 97 O 115/16 - geändert:
Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihren Gesellschafterinnen, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr für eine sogenannte "Coolsculpting"- und/oder "Kryolipolyse"-Behandlung mit den Angaben zu werben:
1. "Coolsculpting
Wir frieren Ihr Fett weg",
2. "Coolsculpting heißt die neueste, innovativste Kryolipolyse-Kältetherapie zur natürlichen Fettreduktion ...",
3. "Fettzellen werden bei der Kryolipolyse durch gezielte Kälteeinwirkung aufgelöst und Fettablagerungen deutlich sichtbar minimiert",
4. "Nach 1 bis 2 Monaten, sind deutliche Ergebnisse sichtbar. Eine endgültige Wirkung sehen Sie nach 3-5 Monaten. Bitte beachten Sie, dass das Fettgewebe diesen Zeitraum braucht und in dieser Zeit nachhaltig und kontinuierlich das Fettgewebe vom Körper auf natürliche Weise abgebaut wird",
5. "Coolsculpting × ist ideal geeignet zur Behandlung lokaler Fettpolster an den typischen Problemzonen bei Frauen aber auch bei Männern.
Folgende Körperzonen können mit Coolsculpting behandelt werden:
Bauch
und/oder
Oberschenkel
und/oder
Po
und/oder
Hüften
und/oder
Brüste",
6. mit den Abbildungen und/oder dem dazugehörigen Text:
6.1. ((Abbildung))
6.2. "Hartnäckige Fettpolster welche sich nicht durch Sport oder Ernährung reduzieren lassen können mit der Coolsculpting Methode deutlich gemindert werden",
6.3. "Gezielte Kälteeinwirkung der Coolsculpting Methode um diese Fettzellen gezielt abzubauen",
6.4. "Natürliches Absterben der Fettzellen in den folgenden Wochen",
6.5. "Die Fettzellen werden auf natürliche Weise vom Körper absorbiert",
6.6. "Das Ergebnis der Coolsculpting Behandlung ist dauerhaft, da die behandelten Fettzellen nicht wiederkommen",
7. "Fettzellen werden nahezu schmerzfrei weggekühlt",
8. "Die Fettzellen werden über natürliche Stoffwechselprozesse abgebaut",
9. "Medizinisch zugelassen ..."
und/oder
"Medizinisch zugelassene Methode",
10. "Durch die Kryolipolyse wird ein Prozess angestoßen, der selbst hartnäckige Fettpolster... über natürliche Stoffwechselvorgänge reduziert und die verbleibenden Fettzellen über Wochen und Monate verdichtet",
11. "Das Verfahren eignet sich insbesondere für Körperregionen mit hartnäckigen, teilweise genetisch bedingten Fettdepots bei Normalgewichtigen, die sich trotz Sport nicht reduzieren lassen",
12. "Die Fettzellen in behandelten Zone sind auskristallisiert ...",
13. "Der Fettabbau fängt direkt nach der Behandlung an",
14. "Coolsculpting ist eine sehr gut wirksame und zudem bequeme Methode der nicht-invasiven Fettbeseitigung",
15. "Die Behandlung mit Coolsculpting ist schmerzfrei",
16. "Die Fettzellen werden durch die Kälte eingefroren (kristalisiert). Anschließend werden diese nach einer Massage zerstört und ausgeschieden",
17. "Die abgekühlten Fettzellen werden auf eine natürliche Art abgebaut",
18. "Coolsculpting ist für alle geeignet, die mit hartnäckigen Fellpolstern an der Hüfte, am Bauch, am Rücken oder an den Oberschenkeln zu kämpfen haben und welche nicht durch gesunde Ernährung oder Sport verschwinden"
19. "Ohne chirurgischen Eingriff können diese Fettpolster ambulant entfernt werden",
20. "... die Fettzellen werden auf natürliche Weise aus dem Körper abgeleitet";
jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage A 3 wiedergegeben.
II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Gründe
A. Von der Wiedergabe eines Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V. mit § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
B. Die Berufung des Antragstellers gegen das landgerichtliche Urteil (nachfolgend: LGU nebst Seitenzahl des Umdrucks) ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und auch ansonsten zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Dem Antragsteller stehen die im Eilverfahren geltend gemachten dringenden lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu. Im Einzelnen gilt Folgendes:
I. Ein Verfügungsgrund liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts vor. Dies folgt aus § 12 Abs. 2 UWG, wonach die in den §§ 935, 940 ZPO geregelten Dringlichkeitsvoraussetzungen bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen nicht dargelegt oder glaubhaft gemacht werden müssen, die Dringlichkeit insoweit vielmehr vermutet wird (Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 12 Rn. 120). Die Vermutung greift hier durch.
1. Besagte Dringlichkeitsvermutung ist widerlegbar (Hess a.a.O. Rn. 121 m.w.N.), namentlich dadurch, dass ein Verletzter durch sein eigenes Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass die Verfolgung des beanstandeten Verstoßes für ihn selbst nicht eilig ist (vgl. Senat GRUR-RR 2015, 181, 182). Wer in Kenntnis der maßgeblichen Umstände und der ihm fo...