Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.07.2021; Aktenzeichen 20 O 117/21) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 08.07.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 20 O 117/21 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Verfügungsbeklagte vorläufig nicht berechtigt ist, Abschlagszahlungen in Höhe von 80% des Betrages aus dem Angebot der Verfügungsbeklagten vom 26.02.2021 (Nachtragsangebot Nr. 12, dort Positionen 12.1. - 12.4., 12.11 und 12.12) für die Ausführung geänderter oder zusätzlicher Bauleistungen bei dem Bauvorhaben XXX - XXX zu verlangen, soweit die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Abschlagszahlungen für den Leistungszeitraum vom 11.09.2020 bis zum 25.02.2021 geltend macht.
2. Es wird ferner festgestellt, dass die Verfügungsbeklagte vorläufig nicht berechtigt ist, Abschlagszahlungen in Höhe von 80% des Betrages aus dem Angebot der Verfügungsbeklagten vom 12.03.2021 (Nachtragsangebot Nr. 13) für die Ausführung geänderter oder zusätzlicher Bauleistungen bei dem Bauvorhaben XXX zu verlangen.
3. Es wird festgestellt, dass die Verfügungsbeklagte vorläufig nicht berechtigt ist, Abschlagszahlungen in Höhe von 80% des Betrages aus dem Angebot der Verfügungsbeklagten vom 26.02.2021 (Nachtragsangebot Nr. 12, dort Position 12.9) für die Ausführung geänderter oder zusätzlicher Bauleistungen bei dem Bauvorhaben XXX zu verlangen.
4. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden dem Verfügungskläger zu 54 % und der Verfügungsbeklagten zu 46 % auferlegt.
Gründe
(Auf die Darstellung der tatsächlichen Feststellungen und etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO verzichtet.)
I. Das Rechtsmittel des Verfügungsklägers ist zulässig. Die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO.
In der Sache ist die Berufung im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet (vgl. Hinweise und Erörterung im Termin vom 02.11.2021).
1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (UA S. 9) fehlt es hinsichtlich der Position 12.9 des Nachtragsangebots vom 26.02.2021 (Anlagen AS 8a und 8b) nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
Da die einstweilige Verfügung einen Verfügungsgrund voraussetzt, kommt dem (allgemeinen) Rechtsschutzbedürfnis daneben nur noch in begrenztem Umfang Bedeutung zu, z.B., wenn der Gläubiger sein Rechtsschutzbegehren zwischenzeitlich aufgibt (vgl. G. Vollkommer in Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 935 ZPO, Rn. 5 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben.
Zu Recht verweist der Verfügungskläger darauf, dass die Verfügungsbeklagte mit der 4. Abschlussrechnung-Nr. 100 - 21 - 023 vom 05.05.2021 (Anlage AS 3a, dort S. 13) hinsichtlich des Nachtragsangebots 12 auch die Position NT 12.9 abgerechnet und zudem mit Schriftsatz vom 01.07.2021 (S. 21) erklärt hat: "Richtig ist, dass die Antragsgegnerin die unter Pos. NT 12.9 abgerechneten Leistung noch nicht erbracht hat. Die Antragsgegnerin hält an der Abrechnung dieser Position einstweilen nicht fest. Die Antragsgegnerin ist aber berechtigt, die angebotene Vergütung für diese Position gemäß § 650c Abs. 3 BGB abzurechnen, sobald die Leistungen tatsächlich erbracht werden.".
Demnach hält die Verfügungsbeklagte weiterhin daran fest, dass sie insofern berechtigt ist, die angebotene Vergütung für diese Position gemäß § 650c Abs. 3 BGB abzurechnen, sobald die Leistungen tatsächlich erbracht werden, weshalb von einer Aufgabe des Rechtsschutzbegehrens seitens der Verfügungsbeklagten nicht ausgegangen werden und dem Verfügungskläger ein Rechtsschutzbedürfnis bezüglich der Klärung dieser Frage nicht abgesprochen werden kann.
2. Die Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
Im Einzelnen:
a) Antrag zu 1. (Feststellung, dass die Berufungsbeklagte vorläufig nicht berechtigt ist, Abschlagszahlungen in Höhe von 80 % des Betrages aus den Angeboten der Verfügungsbeklagten vom 26.02.2021 (Nachtragsangebot Nr. 12, dort Positionen 12.1. - 12.4., 12.11. und 12.12.) und 12.03.2021 (Nachtragsangebot Nr. 13) für die Ausführung geänderter oder zusätzlicher Bauleistungen bei dem Bauvorhaben XXX zu verlangen)
aa) Verfügungsanspruch des Verfügungsklägers
(1.) Bzgl. Position 12.1. des Nachtragsangebots vom 26.02.2021 (Anlagen AS 8a und 8b)
Dem Verfügungskläger steht ein Anspruch auf Feststellung zu, dass die Berufungsbeklagte vorläufig nicht berechtigt ist, Abschlagszahlungen in Höhe von 80 % des Betrages aus dem Nachtragsangebot vom 26.02.2021 (Anlagen AS 8a und 8b) zur Position 12.1. für die Ausführung geänderter oder zusätzlicher Bauleistungen bei dem Bauvorhaben XXX zu verlangen, soweit die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Abschlagszahlungen gemäß §§ 16 Abs. 1, 2 Abs. 6 VOB/B weg...