Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 08.06.2011; Aktenzeichen (560) 14 Js 4463/10 Ns (61/11)) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Juni 2011 wird verworfen.
Die Landeskasse Berlin trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat gegen den Angeklagten wegen vierfachen Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten eine Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 25 Euro verhängt, die sich aus Einzelgeldstrafen von 120 Tagessätzen (Fall 3) und jeweils 100 Tagessätzen (Fälle 1, 2 und 4) zu je 25 Euro zusammensetzt. Das Landgericht hat die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft verworfen. Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts geltend macht, hat keinen Erfolg.
1. Die Staatsanwaltschaft beanstandet in erster Linie, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft nicht die für besonders schwere Fälle vorgesehenen Strafrahmen zugrunde gelegt, obwohl der Angeklagte jeweils gewerbsmäßig gehandelt habe (§§ 263a Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 269 Abs. 3, 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 StGB). Die Rüge ist unbegründet.
Das Berufungsgericht ist bei einer wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels auf den Strafausspruch an die Feststellungen gebunden, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen eines Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall ergibt, wenn diese Feststellungen Tatsachen betreffen, die auch dem Schuldspruch zugrunde liegen (sog. doppelrelevante Tatsachen). Darunter fallen nicht nur äußere Tatmodalitäten wie etwa die in § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 und 4 StGB aufgeführten Regelbeispiele (vgl. BGHSt 29, 359), sondern vielmehr alle Teile der Sachverhaltsdarstellung, die das Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreiben (vgl. BGHSt 24, 274; 28, 119; 30, 340; LR/Hanack, StPO 24. Aufl., § 353 Rdn. 29). Dementsprechend erfasst die Bindungswirkung auch die Feststellung der Ziele und Beweggründe des Täters (vgl. BGHSt 30, 340; KG, Urteile vom 8. November 2010 - (4) 1 Ss 442/10 (217/10) - und 9. Oktober 2008 - (3) 1 Ss 302/08 (96/08) - m.w.N.).
Das Amtsgericht hat in den Urteilsgründen ausdrücklich niedergelegt, es habe "nicht feststellen können, dass der Angeklagte gehandelt habe, um sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einiger Erheblichkeit durch das Ersparen eigener Aufwendungen zu verschaffen", es hat mithin also nicht festgestellt, dass der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat. An dieser (Negativ-)Feststellung muss sich die Staatsanwaltschaft festhalten lassen, weil sie ihre Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Zwar ergibt sich aus der gemäß Nr. 156 Abs. 1 RiStBV abgegebenen Rechtsmittelbegründung, dass die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung des Angeklagten auf der Grundlage des Strafrahmens für gewerbsmäßiges Verhalten erreichen wollte. Insoweit gilt der Grundsatz, dass bei Unklarheiten der Umfang der Anfechtung im Wege der Auslegung zu ermitteln und hierbei nicht am Wortsinn zu haften, sondern nach dem aus den Willensäußerungen des Beschwerdeführers erkennbaren Sinn und Ziel des Rechtsmittels zu fragen ist (vgl. BGHSt 29, 359; KG StraFo 2012, 25). Wird aber ein Rechtmittel ausdrücklich und eindeutig auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, ist dieser Erklärung gegenüber ihrer Begründung der Vorrang einzuräumen, so dass für eine Auslegung kein Raum bleibt (vgl. BayObLG NStZ-RR 2000, 220 und 379; KG StraFo 2012, 25). Das gilt zumindest für die Erklärungen der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers, bei denen aus Gründen der Rechtssicherheit ein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei der Erklärung eines rechtlich unerfahrenen Angeklagten (vgl. BayObLG und KG ebenda; Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl., § 318 Rdn. 2). Hier war die eingangs der Berufungsbegründung abgegebene Erklärung der Staatsanwaltschaft eindeutig ("... beschränke ich ... das Rechtsmittel der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch").
Die von der Staatsanwaltschaft gemäß § 318 Satz 1 StPO erklärte Beschränkung der Berufung war auch wirksam. Gründe, die ihre Wirksamkeit beeinträchtigen, sind in der Revision nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Das Landgericht selbst hat zwar die durch die Berufungsbeschränkung eingetretene Teilrechtskraft und damit die Bindungswirkung der erstinstanzlich getroffenen Feststellung zur fehlenden Gewerbsmäßigkeit nicht erkannt. Denn es hat dargelegt, warum (auch) nach seiner Auffassung entgegen der Sichtweise der Staatsanwaltschaft das Verhalten des Angeklagten nicht als gewerbsmäßig zu bewerten sei. Diese Ausführungen sind überflüssig. Den Bestand des Urteils können sie jedoch schon deshalb nicht gefährden, weil sie aufgrund der Teilrechtskraft des Schuldspruchs nicht der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegen.
2. Die R...