Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 27.08.2019; Aktenzeichen 52 O 261/18 Kart)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27.08.2019 - 52 O 261/18 Kart - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.

III. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- Euro und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung Sicherheit in Höhe von 50.000,- Euro und im Übrigen Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil des Landgerichts (nachfolgend: "LGU" nebst Seitenzahl des Urteilsumdrucks) Bezug genommen, soweit sich aus den nachfolgenden Ergänzungen nichts Gegenteiliges ergibt.

Mit Urteil vom 27.08.2019 hat das Landgericht die Beklagte gemäß dem Hauptantrag des Klägers verurteilt und dem Kläger die geltend gemachte Kostenpauschale zugesprochen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 19.09.2019 zugestellt worden. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehren nach Klageabweisung weiter. Die Berufung ist beim Kammergericht am 14.10.2019 eingegangen, welche die Beklagte - nach Verlängerung der Frist um einen Monat - mit ihrer am 19.12.2019 beim Kammergericht eingegangenen Berufungsbegründungsschrift vom 16.12.2019 begründet hat.

Die Beklagte setzt sich in einzelnen Punkten mit dem angefochtenen Urteil auseinander, wiederholt, präzisiert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und rügt, dass es bereits an der Prozessführungsbefugnis des Klägers fehle. Insbesondere sei die Mitgliederliste nicht aktuell. Der Kläger müsse konkret die Namen, die Branchen, die Umsätze und die Tätigkeitsbereiche seiner Mitglieder darlegen und beweisen. Insbesondere habe der Kläger nicht dargelegt, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehörten, die mit der Beklagten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stünden. Insoweit beruft der Kläger sich insbesondere auf eine Entscheidung des EuGH (Urt. v. 23.01.2018 - C-179/16, NZKart 2018, 84 - Italienischer Arzneimittelmarkt).

Ferner sei die Beklagte nicht "passivlegitimiert". Es gebe "keine Rechtsprechung", dass "Tochter- oder Schwesterfirmen" für die jeweils wettbewerbswidrige Werbung des anderen Unternehmens einzustehen hätten. Nicht die Beklagte sei für die Werbung verantwortlich, sondern die ... mit Sitz in den ....

Zudem verstoße der Kläger gegen Art. 101 AEUV und handele rechtsmissbräuchlich, da er bei vergleichbaren Wettbewerbsverstößen planmäßig nur gegen Nicht-Mitglieder vorgehe, hingegen die eigenen Mitglieder verschone. Insoweit verweist die Beklagte auf die Anlagen B 15 bis B 18, aus denen sich ergebe, dass Mitglieder des Klägers mit der Bezeichnung "Low Carb" geworben hätten. Demgegenüber gehe der Kläger gegen Nicht-Mitglieder in mehreren gerichtlichen Verfahren wegen einer angeblichen Wettbewerbswidrigkeit dieser Werbeaussage vor.

Darüber hinaus stünden dem Kläger die vom Landgericht zuerkannten Ansprüche auch in der Sache nicht zu. Bei dem beworbenen Produkt handele es sich nicht um ein Präsentationsarzneimittel. Insbesondere dürften für diese Bewertung nicht die streitgegenständlichen Werbeaussagen herangezogen werden. Es handele sich vielmehr um ein Kosmetikum. Die entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung sei ähnlich wie bei der Anwendung eines Eisbeutels. Der wissenschaftliche Nachweis für die Richtigkeit der Werbeaussagen sei mit den in erster Instanz vorgelegten Monographien der WHO erbracht worden; aus den Anlagen B 9 bis B 14 ergäben sich alle nötigen Informationen. Bei einigen angegriffenen Werbeaussagen handele es sich um werbliche Übertreibungen, die deshalb zulässig seien. Ferner legt die Beklagte mit der Berufungsbegründung als Anlage B 19 eine Abschrift der Inhaltsstoffe des beworbenen Produkts und deren Dosierungen vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27.08.2019 - 52 O 261/18 Kart - zugestellt am 19.09.2019, wird abgeändert und die Klage vom 10.09.2018 abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere könne dem Kläger kein rechtsmissbräuchliches Verhalten durch das planmäßige Schonen der eigenen Mitglieder vorgehalten werden. Der Kläger gehe in erheblichem Umfang gegen eigene Mitglieder vor. Allein der Prozessbevollmächtigte des Klägers betreue eine zweistellige Anzahl von Abmahnungen jährlich. Soweit die Beklagte in ihren Ausführungen auf das Mitglied ... verweise, sei das Vorgehen gegen dieses Mitglied sogar g...

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