Leitsatz (amtlich)
Für den Beweis der Behauptung des Klägers, er habe sich durch den streitgegenständlichen Unfall eine HWS-Verletzung zugezogen, gilt der Beweismaßstab des § 286 ZPO.
Die Einschätzung eines medizinischen Sachverständigen, eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von etwa 3 bis maximal 4,5 km/h sei nicht geeignet, eine HWS-Distorsion hervorzurufen, und zwar auch unter Berücksichtigung einer etwaigen geneigten Körperhaltung und einer Kopfdrehung im Moment des Aufpralls, spricht dagegen, dass der Kläger tatsächlich unfallbedingt eine derartige Verletzung erlitten hat.
Weisen Röntgenaufnahmen nach dem Unfall eine Steilstellung der Halswirbelsäule auf, die auch etwa 2 ½ Jahre nach dem Unfall unverändert vorhanden ist, was - nach dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen - nicht durch den streitgegenständlichen Unfall erklärt werden kann, erhärtet dies die Einschätzung, dass eine unfallbedingte Verletzung nicht bewiesen ist, zumal eine Steilstellung der HWS nach dem Stand der Wissenschaft bei 42 % der Normalbevölkerung festzustellen ist (vgl. KG, Urt. v. 28.8.2003 - 12 U 88/02, KGReport Berlin 2004, 85).
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 29.09.2004; Aktenzeichen 24 O 259/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.8.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin - 24 O 259/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch aus den §§ 7 StVG, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 PflVG zusteht.
a) Hinsichtlich des geltend gemachten Verdienstausfalls aus abgetretenem Recht, den der Kläger darauf stützt, dass die ihn beschäftigende GmbH sein Gehalt trotz seiner Krankschreibung an ihn weitergezahlt habe, ist das LG zutreffend davon ausgegangen, dass ein derartiger Anspruch durch den Kläger bereits nicht ausreichend dargelegt worden ist. Dabei kann es dahinstehen, ob mit dem LG davon auszugehen wäre, dass der Kläger als Geschäftsführer einer GmbH seinen Schaden wie ein Selbständiger beziffern müsste.
Der Kläger hat weder erstinstanzlich, noch mit der Berufung den Anstellungsvertrag, dem die Höhe des Gehaltes sowie eine vertragliche Lohnfortzahlung entnommen werden könnten, noch Belege über geflossene Zahlungen vorgelegt. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, da die Beklagte sowohl die Vereinbarung einer Lohnfortzahlung, als auch deren tatsächliche Auszahlung bestritten hat.
b) Auch ein von dem Kläger auf Grund eines nach seiner Behauptung bei dem Verkehrsunfall vom 17.10.2001 erlittenen HWS-Syndromes begehrtes Schmerzensgeld hat das LG zu Recht nicht zuerkannt.
Dabei hat das LG zunächst auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die in dem erstinstanzlichen Gutachten angeführte Steilstellung der Halswirbelsäule keinen objektiven Hinweis auf eine unfallbedingte HWS-Verletzung darstellt, da eine solche nach dem heutigen Stand der Wissenschaft bei ca. 42 % der Normalbevölkerung festzustellen ist (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 28.8. 2003 - 12 U 88/02 -KGReport Berlin 2004, 85 = NZV 2004, 252). Dies gilt um so mehr, als die von dem Sachverständigen Dr. H. herausgestellte Steilstellung unstreitig auch auf Röntgenbildern des Klägers zu erkennen ist, die erhebliche Zeit nach dem streitgegenständlichen Unfall vom 17.10.2001 gefertigt wurden, nämlich am 17.2.2004. Dies erhärtet die Annahme, dass es sich hierbei nicht um eine unfallbedingte Veränderung handelt.
Soweit das LG deshalb und im Hinblick darauf, dass der erstinstanzlich beauftrage Sachverständige nur eine HWS-Distorsion im Bereich von O bis 1 diagnostiziert hatte, jedoch meinte, trotz der eindeutigen Ausführungen in dem Gutachten über eine unfallbedingte Verletzung des Klägers, diese nicht als mit dem Beweismaß des § 286 ZPO erwiesen ansehen zu können, begegnete dies Bedenken.
Das durch das Berufungsgericht eingeholte weitere Gutachten des Dr. P. hat jedoch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. über eine unfallbedingte HWS-Verletzung nicht bestätigt.
Dr. P. führt in seinem ausführlichen, in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten vom 11.1.2006 aus, dass die bei dem Kläger bereits vor dem Unfall bestehende chronische und behandlungsbedürftige Erkrankung der Halswirbelsäule so weit in der Ursächlichkeit für die ab dem 20.10. 2001 ärztlich dokumentierten Beschwerden war, dass sie die alleinige Teilursache der vom Kläger geklagten Beschwerden darstellte. Auf Grund des Fehlens jedweder objektiver Befundveränderungen ist nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich das Gericht anschließt, eine Mitbeeinflussung oder gar die vollständige Entstehung dieser Veränderungen durch den Unfall vom 17.10.2001 nicht möglich gewesen.
Dabei hat der Sachverständige dargelegt, dass die sich aus dem unstreitigen Privatgutachten der Beklagten des Gutachters N. ergebende Kollisionsdifferenzgeschwindigkeit von 3 bis maximal 4,5 km/h auch unter Berücksichtigung e...