Entscheidungsstichwort (Thema)
Pkw-Werbung mit Preis zzgl. - bezifferten - Überführungskosten
Leitsatz (amtlich)
Die Sternchenwerbung eines Pkw-Händlers gegenüber Letztverbrauchern mit "6.999 EUR*" und Bezugstext "*Zzgl. Kosten für Überführung inkl. Sicherheitspaket und Fußmatten von 599 EUR" ist nicht nur (wegen fehlender Endpreisangabe) gem. § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV unlauter, sondern auch (wegen spürbarer Beeinträchtigung) gem. § 3 UWG unzulässig (Anschluss an bzw. Fortführung von OLG Bremen, Beschl. v. 29.8.2008 - 2 U 48/08; OLG Schleswig Magazindienst 2007, 505; Abgrenzung zu BGH GRUR 2001, 1166 - Fernflugpreise; BGH GRUR 2004, 435 - FrühlingsgeFlüge; OLG Hamm DAR 2005, 157; OLG Celle OLGReport Celle 2005, 208).
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; PAngV § 1 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 18.05.2011; Aktenzeichen 97 O 197/10) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des LG Berlin vom 18.5.2011 - 97 O 197/10 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (nachfolgend: "LGU" nebst Seitenzahl) mit den folgenden Ergänzungen Bezug genommen:
Das LG hat - in Anwendung der §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 PAngV - die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Verkauf von Kraftfahrzeugen unter Angabe von Preisen zu werben, ohne den tatsächlichen Endpreis anzugeben, und zwar einschließlich der anfallenden Überführungskosten.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer - form- und fristgerecht eingelegten und begründeten - Berufung. Sie setzt sich in einzelnen Punkten mit dem angefochtenen Urteil auseinander, wiederholt, präzisiert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt (u.a.) vor: Die Annahme des LG, allein die (selbst bewusste und systematische) Nichtbeachtung der Preisangabenverordnung führe dazu, dass die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschritten sei, sei ebenso falsch, wie die weitere dafür gelieferte Begründung mit der optischen Herausstellung des "Angebotspreises". Im Streitfall sei das Interesse der Verbraucher an einer optimalen Preisvergleichsmöglichkeit nur geringfügig betroffen, weil der Endpreis sehr einfach zu errechnen sei. Der Preisvergleich werde dem Verbraucher durch die in Rede stehende Anzeigengestaltung (mit Blick auf die dort bezifferten Überführungskosten) weder verwehrt, noch werde beim Verbraucher eine Fehlvorstellung ausgelöst. Die Üblichkeit von Werbung der hier angegriffenen Art ergebe sich (auch) aus dem Anlagenkonvolut BB 2 mit Werbeanzeigen für konkurrierende Automarken.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 18.5.2011 zum Aktenzeichen 97 O 197/10 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B. Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Klage auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbung war und ist stattzugeben, und zwar (jedenfalls) auf der Grundlage der §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV. Der Senat verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und stimmt diesen - auch in Ansehung des Berufungsvorbringens - zu, soweit sich aus den nachfolgenden - auch mit Blick auf die Berufungsangriffe hinzugefügten - Ausführungen nichts Abweichendes ergibt:
I. Die Klagebefugnis des Klägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Das wird in diesem Rechtsstreit - zu Recht - von niemandem in Zweifel gezogen.
II. Die Beklagte schuldet gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG Unterlassung, weil sie nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlungen vorgenommen hat und Wiederholungsgefahr vorliegt. Dass dem so ist, ergeben die nachfolgenden Ausführungen.
III. Die Beklagte begeht unlautere geschäftliche Handlungen i.S.v. § 3 UWG, denn gem. § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. So verhält es sich hier.
1. Im Streitfall handelt die Beklagte der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV zuwider, bei welcher es sich um eine Marktverhaltensregelung im vorstehenden Sinne handelt (...