Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 28.04.2020; Aktenzeichen 15 O 351/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. April 2020 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin - 15 O 351/18 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 EUR und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung Sicherheit in Höhe von 150.000,00 EUR und im Übrigen Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:

Der Kläger macht Ansprüche auf Unterlassung von vermeintlich unzulässiger Werbung für das Produkt Prost... oder auch Prost... (nachfolgend auch nur "Produkt"), ein Nahrungsergänzungsmittel, geltend. Hinsichtlich der Einzelheiten der Werbung wird auf Anlage K 3 verwiesen (nachfolgend auch nur: "die Werbung"). Ferner begehrt er eine Abmahnkostenpauschale.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben. Mit ihrer Berufung möchte die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

Die Beklagte rügt im Wesentlichen:

Das Landgericht sei fälschlich von einer Aktivlegitimation des Klägers ausgegangen. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht die Passivlegitimation der Beklagten angenommen.

Nicht alle Aussagen in der Werbung seien krankheitsbezogen. Soweit in der angegriffenen Werbung gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (im Folgenden auch nur: HCVO) gemacht würden, habe das Landgericht verkannt, dass es sich bei einigen Zutaten um sog. "Botanicals" handele, sodass Art. 28 Abs. 5 HCVO anzuwenden sei. Die Voraussetzungen der HCVO seien insoweit und im Hinblick auf den Produktbestandteil "Zink" erfüllt. Zudem seien die Verletzungsformen im Antrag zu I.4 und im Antrag zu I.22 gleich, was das Landgericht übersehen habe.

Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 28. April 2020, Az.: 15 O 351/18, abzuändern und die Klage vom 08. August 2018 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in zweiter Instanz eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen der Parteien sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2022 Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

A. Die Berufung ist gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, mit einer Begründung versehen und auch im Übrigen zulässig.

B. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, denn der gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF (vgl. § 15a Abs. 1 UWG) anspruchsberechtigte Kläger kann sich in dem geltend gemachten Umfang auf Unterlassungsansprüche berufen und hat Anspruch auf die vom Landgericht zuerkannte Kostenpauschale.

1. Die Klage ist zulässig.

1.1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat und von der Berufung auch nicht gerügt wird, ist das Landgericht Berlin international und örtlich zuständig. Die Frage der funktionellen Zuständigkeit der Zivilkammer gegenüber der Kammer für Handelssachen ist in der Berufungsinstanz - ebenso wie die Frage der örtlichen Zuständigkeit - nicht mehr zu prüfen, da auch insoweit § 513 Abs. 2 ZPO gilt (vgl. etwa Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 513 Rn. 7; OLG München, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 7 U 800/15 -, Rn. 10, juris).

1.2. Der Kläger ist prozessführungsbefugt. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs folgt die Klagebefugnis des Klägers aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung (aF).

1.2.1. Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erfüllt eine doppelte Funktion, indem sie nicht nur einen materiellen Anspruch verschafft, sondern auch ein Prozessführungsrecht begründet (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2019 - I ZR 149/18 -, Rn. 17, juris - Umwelthilfe; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 148/10 -, Rn. 12, juris - Glücksspielverband), die als Sachurteilsvoraussetzung auch zum - insoweit maßgeblichen (vgl. Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 3.68) - Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren fortbestehen muss. Dabei ist das Gericht nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden, es gilt vielmehr der Grundsatz des Freibeweises (Senat, Urteil vom 4. Mai 2021 - ...

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