Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.06.2014; Aktenzeichen 38 O 363/13) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.6.2014 verkündete Urteil des LG Berlin - 38 O 363/13 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage des Beklagten wird
a) festgestellt, dass die Klägerin durch die Vereinbarungen vom 29.12.2010 vor dem Notar Dr. ..., Notar mit dem Amtssitz in D., UR-Nr. ...und ..., keine Pfandrechte an Gesellschaftsanteilen des Herrn Dr. ..., geboren am ...Februar ..., erworben hat;
b) die Klägerin verurteilt, folgende Willenserklärung abzugeben: Die Klägerin und Widerbeklagte verzichtet auf sämtliche Ansprüche gegen die ...(HRB.des Handelsregisters des AG.) aus der notariellen Urkunde ...des Notars Dr. ..., Notar mit dem Amtssitz in D., soweit Gesellschaftsanteile des Herrn Dr. ..., geboren am ... Februar ...in R..., betroffen sind.
3. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin haben die Klägerin 1/8 und der Beklagte 7/8 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin hat der Beklagte 7/8 zu tragen; im Übrigen trägt die Streithelferin der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn Dr. ...(im Folgenden nur: "Schuldner" oder "Insolvenzschuldner"). Die klagende Bank will Rückzahlungsansprüche aus mehreren Darlehensverträgen zur Insolvenztabelle festgestellt wissen. Der Beklagte macht widerklagend Feststellungsanträge- und Leistungsansprüche geltend.
Für alle weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt: Die Darlehensverträge der Klägerin mit dem Schuldner seien nicht nach § 138 BGB nichtig, da diese weder zu einer sittenwidrigen Knebelung des Schuldners noch zu einer Gläubigergefährdung durch Kredittäuschung geführt hätten. Der Schuldner sei trotz der abgeschlossenen Verpfändungs- und Treuhandverträge und der durch diese bewirkten umfangreichen Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen wirtschaftlich selbständig geblieben. Es könne auch nicht angenommen werden, dass die Klägerin nicht ernsthaft die Sanierung der sog. ...-Gesellschaften angestrebt habe, da sie aufgrund der vorliegenden Gutachten von einer positiven Fortführungsprognose und davon habe ausgehen dürfen, dass durch die ausgereichten Kredite die Insolvenzreife beseitigt werde. Eine Anfechtung nach § 133 InsO scheide schon deshalb aus, weil der Beklagte gleichzeitig die Auszahlung der Darlehensvaluta anfechte und die Klägerin deshalb jedenfalls ihre darlehensvertraglichen Ansprüche zur Tabelle anmelden können müsse. Die Widerklageanträge seien unbegründet, da ebenso wie die Darlehensverträge auch die Sicherheitenverträge nicht unwirksam seien. Die Wirksamkeitskeitsbedingung aus dem Treuhandvertrag aus dem Jahre 2010 sei eingetreten. Eine Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO bleibe ohne Erfolg, da nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin erkannt habe, dass der Schuldner zahlungsunfähig sei oder eine solche Zahlungsunfähigkeit drohe. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin von dem Umfang der Verbindlichkeiten des Schuldners Kenntnis gehabt habe oder aus dem Wegfall der Geschäftsführergehälter zwingend auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners habe schließen müssen; denn nach seiner Selbstauskunft sei durchaus noch weiteres Vermögen - insbesondere Immobiliarvermögen - vorhanden gewesen. Auch die notariellen Verträge vom 29./30.12.2010 belegten nicht zwingend, dass die Gesellschaftsanteile die letzten Vermögensbestandteile des Schuldners gewesen seien. Deshalb bestehe auch kein Zahlungsanspruch nach den §§ 143, 133 InsO oder aus den §§ 826 BGB, 92 InsO.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Dieser macht im Wesentlichen geltend: Das LG habe zu Unrecht gemeint, die Klägerin habe im Hinblick auf Sanierungsaussichten gutgläubig sein dürfen und nicht annehmen müssen, dass die von ihr zur Verfügung gestellten Gelder die Verschleppung der Insolvenzen der beteiligten Gesellschaften zur Folge haben würden. Die Darlehensverträge der Klägerin mit dem Insolvenzschuldner seien sittenwidrig und daher gemäß § 138 BGB nichtig, da durch sie eine umfassende wirtschaftliche Knebelung des Insolve...