Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 23 O 177/20) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 07.05.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 23 O 177/20 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zur Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Monate April, Mai, November und Dezember 2020 sowie Januar 2021 in Höhe restlicher 60.975 EUR verurteilt und ausgeführt, dass eine Entgeltreduzierung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) infolge pandemiebedingter Einschränkungen des Hotel/Pensionsbetriebs nach dem Ende des Mietverhältnisses zum 31.03.2020 und gemäß dem Charakter des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung nicht in Betracht komme. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Landgerichtsurteils wird Bezug genommen.
Die Beklagte trägt zur Berufungsbegründung vor:
a) Die Kündigung des Klägers vom 02.10.2019 sei nicht wegen eines Schriftformverstoßes wirksam. Bei lebensnaher Betrachtung müsse man bei fehlender Angabe des Optionsberechtigten im Mietvertrag davon ausgehen, dass das Optionsrecht nur dem Mieter zustehe. Ein Optionsrecht für den Vermieter werde nur in sehr seltenen Fällen, nämlich in weniger als 0,001 % der Fälle, vereinbart (Sachverständigengutachten). Mangels näherer Bezeichnung des Berechtigten sei daher dahin auszulegen, dass das Recht dem Mieter zustehe.
b) Im Übrigen sei die Auffassung des Landgerichts, dass eine Schriftformverletzung bereits den Ausgangsvertrag erfasse, nicht zutreffend. Ein Schriftformverstoß in einer Optionsklausel könne nicht anders behandelt werden als ein solcher in einem reinen Verlängerungsvertrag, könne also nur den Optionszeitraum betreffen. Auch die Initiative des Bundesrates zur Abschaffung bzw. Einschränkung des § 550 BGB zeige, dass die Tendenz zurück zum Erwerberschutz gehe.
c) Zudem würde nach Sinn und Zweck von Art. 240 § 7 EGBGB und § 313 BGB der Wegfall der Geschäftsgrundlage auch gegenüber einer Nutzungsentschädigung (§ 546a Abs. 1 BGB) greifen. In Pandemiezeiten seien sowohl die vereinbarte als auch die ortsübliche Miete reduziert. Dem Vermieter bleibe unbenommen, einen weiteren Schaden nach § 546 a Abs. 2 BGB geltend zu machen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des am 07.05.2021 verkündeten Urteil des Landgerichts Berlin - 23 O 177/20 - abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Die mündliche Verhandlung in der vorliegenden Sache und in der Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung zur Räumung und Herausgabe (8 U 1106/20) wurden am 04.11.2021 parallel geführt.
B. Die Berufung ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von Miete bzw. Nutzungsentschädigung (§ 546a Abs. 1 BGB) für April und Mai 2020 in Höhe von je 17.850 EUR und für November 2020 bis Januar 2021 von je (17.850 EUR ./. vorgerichtliche Zahlung von nur 500 EUR, die in diesem Rechtsstreit unstreitig ist ./. Zahlung vom 03.03.2021 von 8.925 EUR =) 8.425 EUR, insgesamt somit von 60.975 EUR, verurteilt, sowie ferner zur Zahlung von Verzugszinsen auf die gezahlten Beträge bis zum Zeitpunkt der Zahlung am 03.03.2021.
Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass das Hotel wegen des Verbots der Beherbergung von Touristen und von Seminarveranstaltungen im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.04. bis 25.05.2020 ohne nennenswerten Umsatz (laut Klageerwiderung "faktisch geschlossen") und im Zeitraum November 2020 bis Januar 2021 geschlossen war. Diese Umstände stehen der Mietzahlungspflicht vorliegend nicht entgegen.
1) Soweit in der Klageerwiderung geltend gemacht wird, dass für die Zeit der "faktischen Schließung" überhaupt keine Miete zu zahlen sei, ist das unschlüssig.
a) Die Miete ist nicht nach § 536 BGB gemindert. Das Gewährleistungsrecht ist in Fällen der pandemiebedingten Geschäftsschließung nicht einschlägig (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2021 - 7 U 109/20, juris Rn. 15 ff.; LG Zweibrücken, Urteil vom 11.09.2020 - HK O 17/20, juris Rn. 40 ff.; LG Frankfurt a. M., Urteil vom 02.10.2020 - 2-15 O 23/20, Grundeigentum 2020,1495, Rn. 23 ff.; LG München II, Urteil vom 06.10.2020 - 13 O 2044/20, BeckRS 34263 Rn. 19 f.; LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020 - 12 O 154/20, juris Rn. 18 ff.; LG Wiesbaden, Urteil vom 05.11.2020 - 9 O 852/20, MDR 2021,28, Rn. 13 ff.; LG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2020 - 11 O 215/20, BeckRS 2020, 32275 Rn. 15 ff.; Artz/Streyl in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 1. Auflage 2020 Rn. 72; grds. Leo/Götz NZM 2020, 402, 403; grds. Lützenkirch...