Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 23.11.2006; Aktenzeichen 12 O 631/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.11.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin - 12 O 631/05 - abgeändert:
Der Vollstreckungsbescheid des AG Potsdam vom 8.9.2005 - 15 B 13503/05 - wird aufrechterhalten.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 23.11.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin - 12 O 631/05 - Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 16.3.2007 zugestellte Urteil hat sie am 16.4.2007 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 18.6.2007 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.6.2007 verlängert worden war. Sie trägt vor, der Beklagte habe in Zeugengegenwart zugesichert, notfalls persönlich für die Zahlung der Rechnungen haften zu wollen. Er habe sich wegen Betruges strafbar gemacht, da er die Klägerin mit Werkleistungen beauftragt habe, obwohl er nicht in der Lage gewesen sei und auch nicht die Absicht gehabt habe, diese zu bezahlen. Die ihm von der Bauherrin zur Bezahlung der Subunternehmer ausgehändigten Gelder habe er als faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin veruntreut. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens sei festgestellt worden, dass der Beklagte im großen Umfang Gelder von Bauherren eingezogen, diese aber nicht für betriebliche Zwecke verwendet habe. Zumindest über einen Betrag von 177.000 DM (90.498,66 EUR) habe er Schecks für sich persönlich ausgestellt und das Geld vereinnahmt. Mit Urteil des AG Rostock vom 25.1.2006 sei er wegen Unterlassung einer Insolvenzbeantragung und Bankrotts zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt worden. Ihm könne nicht zugute kommen, dass er keine ordnungsgemäßen Handelsbücher geführt habe und somit die Übersicht über den Vermögensstand der Insolvenzschuldnerin erschwert habe.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Vollstreckungsbescheid des AG Potsdam vom 8.9.2005 - 15 B 13503/05 - aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet, ein Garantieversprechen abgegeben zu haben. Er trägt vor, es habe für ihn keine Veranlassung bestanden, eine persönliche Haftung zu übernehmen. Ein Schadensersatzanspruch wegen Betruges oder Untreue sei nicht schlüssig dargetan worden. Er habe keine Gelder veruntreut. Die B & S B.u.S. mbH (B & S) habe seinerzeit davon ausgehen können, ihre Verbindlichkeiten aufgrund vertragsgerechten Verhaltens der Bauherrin bedienen zu können. Zum Hinweis des Senats vom 21.8.2007, dass auch eine Durchgriffshaftung in Betracht kommen könne, meint der Beklagte, dass die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze auf den faktischen Geschäftsführer der Gesellschaft keine Anwendung fänden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Strafakten des AG Rostock 22 Ds 127/04 haben zur Information des Senats vorgelegen. Sie waren im Umfang der Ablichtungen aus Bd. II, Bl. 65-71 Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.1. Die materielle Rechtslage richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geltenden Fassung, denn das den Rechtsbeziehungen der Parteien zugrunde liegende Schuldverhältnis ist vor dem 1.1.2002 entstanden (Art. 229 § 5 EGBGB). Die zitierten Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beziehen sich daher auf diese Fassung des Gesetzes.
2. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil in grober Weise gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, indem es Vortrag der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen und insbesondere die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe sich ihr gegenüber persönlich zur Zahlung verpflichtet, ohne Beweisaufnahme vorab in unzulässiger Weise gewürdigt hat. Dadurch ist es zu einem Ergebnis gekommen, das in keiner Hinsicht haltbar ist. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte ggü. der Klägerin eine Zahlungszusage gemacht oder ihm zur Weiterleitung an die Klägerin überlassene Gelder der Bauherrin veruntreut hat; denn die Klägerin hat gegen den Beklagten aufgrund des unstreitigen Sachverhalts als den faktischen Alleingesellschafter der Insolvenzschuldnerin B & S einen Anspruch auf Zahlung von restlichem Werklohn i.H.v. 48.288,10 EUR gem. § 631 Abs. 1 BGB nach den von der Rechts...