Entscheidungsstichwort (Thema)

Volle persönliche Haftung eines Strohmann-Geschäftsführers

 

Normenkette

GmbHG § 43 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-2 O 65/04)

 

Gründe

I. Die klagende GmbH nimmt die Beklagte, ihre frühere Geschäftsführerin, wegen Barabhebungen vom Gesellschaftskonto auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin wurde 1993 gegründet. Im Jahr 1996 veräußerte sie ihren Geschäftsbetrieb an die - inzwischen wegen Insolvenz aufgelöste - A-AG; außerdem trat der geschäftsführende Gesellschafter Herr B seine Anteile an der Klägerin für einen Euro an die Mitgesellschafterin Frau B, seine Mutter, ab; diese ist seither Alleingesellschafterin der Klägerin. Im Zuge der Umstrukturierung wurde Herr B als Geschäftsführer der Klägerin abberufen. An seiner Stelle wurde die später mit ihm verheiratete Beklagte, die als geschäftsführende Alleingesellschafterin die C-GmbH betrieb, unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zur Geschäftsführerin der Klägerin bestellt; dies wurde am 7.1.1997 im Handelsregister eingetragen (Anlagen K 1 und B 1).

Nach § 3 Abs. 1 des Geschäftsführervertrages der Parteien vom 25.2.1997 (Anlage B 3) sollte die Tätigkeit der Beklagten unentgeltlich sein; gem. § 3 Abs. 2 hatte sie Anspruch auf Gestellung eines Pkw, den sie auch zu privaten Zwecken nutzen durfte.

In ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der Klägerin erteilte die Beklagte Herr B mit notarieller Urkunde vom 30.12.2002 (Anlage B 17) eine Generalvollmacht, sie in allen Angelegenheiten der Klägerin zu vertreten; mit weiterer notarieller Urkunde vom 26.2.2003 (Anlage B 18) erneuerte sie diese Generalvollmacht.

Mit notariellen Verträgen vom 2.4.2003 (Anlagen B 19 und B 20) veräußerte die Klägerin, vertreten durch die Beklagte, diese vertreten durch Herr B, Geschäftsanteile an der D-GmbH für einen Kaufpreis von insgesamt 65.000 EUR an zwei Erwerber; der Kaufpreis sollte auf das Konto der Klägerin unter Angabe des Empfängers Herr B gezahlt werden. Die vereinbarten Beträge gingen im Mai 2003 auf dem Konto der Klägerin ein (Anlage B 14).

In der Zeit vom 12.5. bis zum 8.8.2003 hob die Beklagte von dem Konto der Klägerin bei der E-Bank mit der Nr ... insgesamt 107.060 EUR ab, nämlich

13.000 EUR am 12.5.2003 (Anlage K 3),

18.000 EUR am 21.5.2003 (Anlage K 4),

46.060 EUR am 2.7.2003 (Anlage K 5) und

30.000 EUR am 8.8.2003 (Anlage K 6, K 7 und K 8).

Die Abhebungen vom 12.5.2003 i.H.v. 13.000 EUR und vom 21.5.2003 i.H.v. 18.000 EUR wurden bei der Klägerin als "Gesellschafterauszahlung" verbucht.

Nachdem sich die Eheleute B im September 2003 getrennt hatten, wurde die Beklagte als Geschäftsführerin der Klägerin abberufen und Herr B zu ihrem Prokuristen ernannt (Anlage K 11).

Mit Schreiben vom 8.10.2003 verlangte die Klägerin von der Beklagten Rückzahlung der abgehobenen Geldbeträge und setze ihr hierfür eine Frist bis zum 1.10.2003. Am 20.11.2003 fasste die Klägerin gem. § 46 Nr. 8 GmbHG den Beschluss, die Beklagte gerichtlich auf Rückzahlung der abgehobenen Bargeldbeträge in Anspruch zu nehmen (Anlage K 10).

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe das abgehobene Geld für eigene Zwecke verwendet.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Rückzahlungsverlangen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich. Hierzu hat sie behauptet, sie sei als Geschäftsführerin der Klägerin lediglich Strohfrau für ihren damaligen Ehemann gewesen; dieser sei faktisch Geschäftsführer der Klägerin geblieben. Herr B sei auch "faktischer Alleingesellschafter" und "spiritus rector" der Klägerin, während seine Mutter nur formal Alleingesellschafterin sei. Faktisch handele es sich bei der Klägerin um eine Einmann-GmbH des Herr B, für die er sich seiner Familie bedient habe. Die streitgegenständlichen Konto-Abhebungen habe sie, die Beklagte, auf Geheiß ihres damaligen Ehemannes vorgenommen. Das abgehobene Geld habe sie an ihn weitergegeben mit Ausnahme eines Betrages von 20.000 EUR, den sie in Absprache mit ihm wegen einer zuvor i.H.v. 19.200 EUR an die Klägerin geleisteten Zahlung für sich behalten habe.

Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Vergütung ihrer Geschäftsführertätigkeit erklärt. Sie hat gemeint, ihr stehe insoweit - unter Zugrundelegung der früheren Geschäftsführervergütung ihres Ehemannes - ein Gesamtbetrag von 319.046,52 EUR zu.

Das LG hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen abgewiesen:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Ehemann der Beklagten faktischer Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin sei. Er habe diese für eigene Geschäfte sowie zur Steuervermeidung genutzt, während die Beklagte - auch bei den streitgegenständlichen Barabhebungen - lediglich als Strohfrau nach seinen Weisungen tätig geworden sei. Die abgehobenen Gelder seien von der Beklagten ebenfalls in Absprache mit ihrem Ehemann verteilt worden.

Hinsichtlich des am 8.8.2003 abgehobenen Betrages von 30.000 EUR, den die Firma F-GmbH & Co. KG - unstreitig - zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber Herr B auf das ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge