Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzpflicht des faktischen Geschäftsführers einer GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Haftung des faktischen Geschäftsführers einer GmbH unterliegt den Maßstäben des § 43 Abs. 2 GmbHG.

Der faktische Geschäftsführer hat für Abhebungen vom Konto der GmbH einzustehen, wenn feststeht, dass er die Barabhebungen getätigt hat, er aber seine Behauptung nicht zu beweisen vermag, er habe das Geld in die Barkasse der Gesellschaft eingelegt.

Als faktischer Geschäftsführer ist ein ehemaliger Geschäftsführer nach seiner Abberufung jedenfalls noch anzusehen, wenn er sich täglich in den Geschäftsräumen aufhält, dem neuen, der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtigen Geschäftsführer stets zur Seite steht, um für die Liquidität der Gesellschaft Sorge zu tragen und kraft seiner fortbestehenden Kontovollmacht von den Konten der Gesellschaft hohe Beträge in bar abhebt.

 

Normenkette

GmbHG § 43 Abs. 2, 4

 

Verfahrensgang

BGH (Urteil vom 27.09.2016; Aktenzeichen II ZR 133/15)

LG Verden (Aller) (Urteil vom 18.08.2014; Aktenzeichen 9 O 9/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Verden vom 18.8.2014 (Az. 9 O 9/11) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und - soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse - hinsichtlich der Klageforderung und der Kosten insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 71.262,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.2.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz verteilen sich wie folgt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 24 % und der Beklagte zu 76 %. Die außergerichtlichen Kosten des (ehemaligen) Drittwiderbeklagten trägt der Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 74 %; im Übrigen trägt die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt die Klägerin zu 26 %; im Übrigen trägt der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten selbst. Der Beklagte hat dem Streithelfer der Klägerin seine außergerichtlichen Kosten zu 74 % zu erstatten; im Übrigen trägt der Streithelfer seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens verteilen sich wie folgt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 45 % und der Beklagte zu 55 %. Die außergerichtlichen Kosten des (ehemaligen) Drittwiderbeklagten trägt der Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 54 %; im Übrigen trägt die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt die Klägerin zu 46 %; im Übrigen trägt der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten selbst. Der Beklagte hat dem Streithelfer der Klägerin seine außergerichtlichen Kosten zu 54 % zu erstatten; im Übrigen trägt der Streithelfer seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin, des Streithelfers der Klägerin und des (ehemaligen) Drittwiderbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin oder der (ehemalige) Drittwiderbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis zu 185.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die klagende Kommanditgesellschaft, die vom vormaligen Drittwiderbeklagten (künftig: D. B.) auf der Grundlage eines am 12.12.2006 geschlossenen Treuhandvertrages (UR-Nr.../2006 des Notars B. K., B., Anlage B 10, Bl. 150 ff. d.A.) mit Gesellschaftsvertrag vom gleichen Tag (Anlage K 2, Bl. 6 ff. d.A.) gegründet und am 16.2.2007 in das Handelsregister eingetragen wurde, betreibt den Handel mit Kraftfahrzeugen. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin, der B. V. GmbH, ist D. B. Bis zu seiner Abberufung durch Gesellschafterbeschluss vom 8.10.2007 (Anlage K 3, Bl. 19 d.A.) war auch der Beklagte - neben D. B. - weiterer Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin.

Auch nach Beendigung seines organschaftlichen Amtes als Geschäftsführer der B. V. GmbH verfügte der Beklagte über eine Kontovollmacht für das Geschäftskonto der Klägerin bei der Sparkasse B. (Anlage B 32, Bl. 412 d.A.). Der Widerruf dieser Vollmacht erfolgte erst zum 28.1.2008. Mittels dieser Vollmacht hob der Beklagte - was zwischen den Parteien unstreitig ist - vom Geschäftskonto der Klägerin am 1.10.2007 einen Betrag von 41.000 EUR, am 26.11.2007 einen Betrag von 28.700 EUR, am 28.11.2007 einen Betrag von 45.500 EUR, am 17.12.2007 einen Betrag von 15.000 EUR sowie am 18.12.2007 einen Betrag von 14.350 EUR, mithin insgesamt 144.550 EUR ab.

Mit dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin den Beklagten aufgrund der Barabhebungen zunächst auf Rückzahlung von 53.300...

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