Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückverweisung trotz Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts
Leitsatz (amtlich)
Der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts steht einer Rückverweisung nicht entgegen.
Wenden die Gerichte desjenigen Staates, dessen Recht zunächst anwendbar ist, ausschließlich ihr eigenes materielles Recht (lex fori) an (hier nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin: Recht des Staates Massachusetts), so ist dem nach internationalen Vorschriften zuständigen Gericht eines fremden Staates ebenfalls die Anwendung seiner eigenen Sachvorschriften überlassen (sog. versteckter Renvoi).
Normenkette
EGBGB Art. 4 Abs. 1 S. 2, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2, Art. 15 Abs. 1, Art. 220 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 07.09.2006; Aktenzeichen 166 F 1972/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 7.9.2006 verkündete Teilurteil des AG Tempelhof-Kreuzberg geändert:
Der Antrag, den Antragsteller zu verurteilen, der Antragsgegnerin Auskunft über sein bewegliches Vermögen bezogen auf den Stichtag 30.6.2005, hilfsweise zum 9.9.2005 zu erteilen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die gem. §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung ist begründet.
Der Antragsgegnerin steht gegen den Antragsteller der geltend gemachte Auskunftsanspruch bezogen auf den Stichtag 9.9.2005, was allenfalls bei der Anwendung des Rechts von Massachusetts in Betracht käme, nicht zu. Vielmehr muss sie ihren Anspruch auf Zugewinn nach deutschem Recht geltend machen. Insoweit ist ihr für den dafür maßgeblichen Stichtag Auskunft erteilt und der Auskunftsanspruch erfüllt (§ 362 BGB). Auch sie selbst hat Auskunft für diesen Stichtag erteilt.
A. Allerdings steht der Anwendung des Rechts von Massachusetts nicht eine Rechtskraft des Auskunftsurteils vom 2.5.2001, das von deutschem Recht ausging, entgegen, weil es sich nicht um den gleichen Zeitpunkt und deshalb nicht um den gleichen Streitgegenstand handelt. Urteilen, die zu einer Auskunft verurteilen, kommt ferner keine Rechtskraft- oder Bindungswirkung (§§ 322, 318 ZPO) für den zugrunde liegenden Anspruch (und seine rechtliche Herleitung) zu. Vielmehr kann dieser und damit auch ein abweichender Auskunftsanspruch auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden (vgl. BGH NJOZ 2001, 1448/1449; NJW 1999, 3049; NJW 1985, 862; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 254 Rz. 4 a.E.; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 254 Rz. 9).
B. Zutreffend leitet das AG die Anwendung des Rechts zunächst aus Art. 220 Abs. 3 S. 2, 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ab.
Denn die Anwendung von Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB kommt nicht in Betracht, wie der 3. Zivilsenat des KG bereits in dem Urteil vom 21.4.2004 zur Geschäftsnummer 3 UF 427/03 unter II. 2. ausgeführt hat. Der Senat schließt sich dem auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Parteien an. Damit die Frage des anwendbaren Rechts nicht letztlich von schwer nachvollziehbaren Unwägbarkeiten abhängt, muss die Unterstellung unter ein Recht oder die Vorstellung von der Anwendbarkeit eines Rechts nach S. 1 Nr. 2 auch für Dritte deutlich nachvollziehbar geworden sein, allerdings von der Eheschließung bis zum 9.4.1983 wandelbar (vgl. BGH v. 21.10.1992 - XII ZR 182/90, MDR 1993, 239 = FamRZ 1993, 289/291 f. zu II 3, Palandt/Heldrich, BGB, 66. Aufl., Art. 220 EGBGB Rz. 9 a.E.). Für eine ausdrückliche Absprache zwischen ihnen über einen Verbleib in Deutschland fehlt jedenfalls ein Beweisantritt und die Indizien sind ambivalent und lassen keinerlei ernsthaften Rückschluss auf eine Einigung über die Rechtsanwendung zu. So wurde die Ehe zwar in Deutschland im Mai 1982 geschlossen, die Parteien lebten aber jedenfalls seit August 1982 (bis 1986) in den USA, wobei maßgebend allein die Vorstellung in der Zeit bis April 1983 ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist nicht erkennbar, dass die Parteien eine abschließende Lebensplanung hinsichtlich ihres gemeinsamen Wohnortes hatten. Dass die weitere universitäre Ausbildung des Antragstellers in Massachusetts mit zweijähriger Verlängerung zur beruflichen Tätigkeit an der Uni nicht einer zumindest akzeptierten Entwicklung entsprach, ist nicht erkennbar. Immerhin strebte der Antragsteller die Aufenthaltserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit an. Objektivierbare abschließende Gedanken über die zukünftige Lebensgestaltung der Parteien bis April 1983 fehlen.
Damit ist Art. 220 Abs. 3 S. 2 (über S. 1 Nr. 3) EGBGB anwendbar und es kommt auf den 9.4.1983 an. Aus Art. 15 Abs. 1 EGBGB folgt, dass die Anknüpfung an Art. 14 EGBGB - anders als für andere Ehewirkungen - für seine Anwendung unwandelbar an den Eheschließungszeitpunkt - hier an den Ersatztag 9.4.1983 - anknüpft. Eine (nur förmlich mögliche) Rechtswahl - notarielle Beurkundung im Inland oder im Ausland in Form eines Ehevertrages nach Ortsrecht oder dem gewählten Recht (vgl. zu F...