Leitsatz (amtlich)
1. Die Bezeichnung einer Mieterin von Grundstücken eines geschlossenen Immobilienfonds als stabile und ertragsstarke Gesellschaft im Prospekt ist unrichtig, wenn im Zeitpunkt der Prospektherausgabe bereits Zweifel an ihrer Bonität aufgrund bei anderen Fonds bestehender Mietrückstände bestanden.
2. Die Gründungsgesellschafterin einer Publikumsgesellschaft haftet einem mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Anleger aus Verschulden bei Vertragsschluss für fehlerhafte Prospektangaben, wenn dieser nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter behandelt wird.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 07.12.2006; Aktenzeichen 10 O 580/05) |
Tenor
I. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1) unter ihrer Zurückweisung im Übrigen wird das Urteil des LG Berlin vom 7.12.2006 - 10 O 580/05 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 34.339,25 EUR nebst 4 % Zinsen aus 41.618,41 EUR vom 29.1.2005 bis zum 28.3.2006 sowie Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 34.339,25 EUR seit dem 29.3.2006 zu zahlen,
Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers und nachfolgend der Klägerin aus seiner mittelbaren Beteiligung an der T.I.B. mbH & Co KG - D.I.-I. - i.H.v. 75.000 EUR und dem durch die Beitrittserklärung vom 22.12.2000 begründeten Treuhandverhältnis.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme der angebotenen Gegenleistung in Verzug befindet.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, die Klägerin von Ansprüchen aller Art freizustellen, die von der T.I.B. mbH & Co KG - I.D.-I., einem Insolvenzverwalter über das Vermögen dieser Gesellschaft oder von Dritten wegen der Ausschüttungen erhoben werden können, die diese Gesellschaft in den Jahren 2001-2006 an den Kläger oder an sie geleistet hat, insbesondere von Rückforderungsansprüchen nach § 172 HGB.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche künftigen finanziellen Schäden zu ersetzen, die über die unter Ziff. 1 bezifferten Schäden und unter Ziff. 3 bezeichneten Freistellungsansprüche hinausgehen und die in der Zeichnung der Beteiligung des Klägers an der T.I.B. mbH & Co KG - D.I.-I. - ihre Ursache haben.
5. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit gegen die Beklagte zu 1) in Höhe einer Hauptforderung von 7.498,71 EUR erledigt hat.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
7. Auf die Hilfswiderklage der Beklagten zu 1) wird festgestellt, dass sich ihre Zahlungsverpflichtung aus Ziff. 1 um folgende Beträge reduziert:
- sämtliche Steuervorteile, die dem - vormaligen - Kläger oder der Klägerin über die in den Einkommenssteuerbescheiden des Finanzamts K. für die Jahre 2000 bis 2005 berücksichtigten insgesamt 24.899,37 EUR hinaus im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der in Ziff. 1 genannten Fondsgesellschaft durch die Anrechnung von Kapitalertragssteuern, Zinsertragssteuern, Solidaritätszuschlag auf die Einkommenssteuer sowie durch Verlustzuweisungen entstehen;
- sämtliche der Klägerin über die bereits berücksichtigten Ausschüttungen der Jahre 2002-2006 von insgesamt 19.511,38 EUR hinaus zugeflossenen oder zufließenden Ausschüttungen, die ihren Grund in ihrer Beteiligung an der in Ziff. 1 genannten Fondsgesellschaft für die Zeit bis zur Übertragung der in Ziff. 1 aufgeführten Beteiligungsrechte haben.
II.1. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:
Die Klägerin hat 63 % der Gerichtskosten und ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, 37 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) zu tragen. Die übrigen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Beklagte zu 1) zu tragen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:
Die Klägerin hat 68 % der Gerichtskosten und ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, 40 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) zu tragen. Die übrigen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 1) zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger und seit seinem Tod am 28.10.2006 die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin (Alleinerbin) machen Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Beitritt des Klägers zur T.I.B. mbH & Co KG - D.I.-I., einem geschlossenen Immobilienfonds, gegen die Beklagten wegen Mängel des Fondsprospekts und Verletzung (vor-) vertraglicher Aufklärungspflichten geltend.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1...