Leitsatz (amtlich)
Für die Beurteilung der Frage, ob der Versicherer aus dem Anspruch gemäß § 67 Abs. 1 S. 3 VVG hätte Ersatz erlangen können, kommt es nicht darauf an, ob der Versicherer im Moment der Aufgabe Ersatz erlangt hätte, das heißt, ob der aufgegebene Anspruch zu diesem Zeitpunkt einbringlich oder uneinbringlich war. Die Frage, ob der Versicherer aus dem Entschädigungsanspruch im Falle seines Fortbestehens, das heißt ohne dessen Aufgabe, tatsächlich Deckung erhalten hätte, kann in der Regel nicht punktuell, sondern gemessen an der Höhe der übergegangenen Forderung sowie der Leistungsfähigkeit des Schädigers nur vorausschauend für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum beantwortet werden.
Normenkette
VVG § 67 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 7 O 56/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin vom 15.6.1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage derzeit unbegründet ist.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 90 % und der Beklagte 10 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 14.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und unkündbare Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse zu erbringen.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.500 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert der Beschwer wird für die Klägerin auf 212.344,19 DM und für den Beklagten auf 21.234,42 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Versicherungsleistungen, die die Klägerin im Rahmen einer bestehenden Krankheitskostenvollversicherung an den Beklagten erbracht hat, und um die Feststellung künftiger Nichtverpflichtung zur Erbringung bestimmter Leistungen.
Der Beklagte ist seit dem 1.4.1983 bei der Klägerin unter der Versicherungsschein-Nr. 233742 krankenversichert. Im Übrigen besteht eine Krankenhaustagegeld- und eine Krankentagegeldversicherung.
Am 8.11.1992 gegen 3.00 Uhr morgens wurde der Beklagte von einem zunächst unbekannten Täter vor der Gaststätte „Zur Linde” in W. überfallen und schwer verletzt. Der Beklagte erlitt einen komplizierten offenen Unterschenkelbruch des Beins links im unteren Drittel; das Bein ist auf Dauer um 2 1/2 cm verkürzt. Aufgrund von Blutuntersuchungen anlässlich der ärztlichen Erstversorgung wurde bei ihm eine Diabeteserkrankung diagnostiziert und in der Folge behandelt.
In der Folgezeit erbrachte die Klägerin eine Reihe von Versicherungsleistungen, wegen deren Umfangs auf die Kopien der Leistungsabrechnungen (Anl. K 20) sowie einzelner Rechnungen (K 21 und 22) verwiesen wird.
Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei dem Schädiger um den Zeugen … Mehrfache Versuche der Klägerin, den Namen des Täters herauszufinden, blieben zunächst erfolglos. Am 17.8.1994 erfuhr die Klägerin vom Beklagten den Namen des Schädigers und einer weiteren Person. Ende Mai 1995 erhielt die Rechtsanwältin der Klägerin Einsicht in die Strafakten.
Am 7.11.1995 reichte der Beklagte gegen den Schädiger beim LG Potsdam zum Az 2 O 348/95 eine Schadensersatzklage ein. Im Rahmen dieser Klage begehrte der Beklagte Schmerzensgeld, eine Schmerzensgeldrente von monatlich 100 DM, 80.000 DM Verdienstausfall sowie die Feststellung, dass der Schädiger verpflichtet ist, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Vorfall hinsichtlich der Körperverletzung vom 8.11.1992 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. In der Klageschrift heißt es auf S. 4:
„Der Kläger hat insgesamt rund ein Jahr im Krankenhaus zur Behandlung zugebracht, in dieser Zeit musste das Bein mehrfach wieder operiert werden, da es immer wieder zu Entzündungen und sonstigen Komplikationen kam.
Die Behandlung des Klägers dauert bis zum heutigen Tage an.”
In der mündlichen Verhandlung vom 13.3.1996 schlossen der Beklagte und der Schädiger vor dem LG Potsdam folgenden Vergleich bei Kostenaufhebung:
1. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger 80.000 DM zu zahlen, und zwar in monatlichen Raten zu je 1.000 DM beginnend ab dem 1.4.1996. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Ratenzahlung jeweils fällig ist am 3. des jeweiligen Monats.
2. (…)
3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit der Regelung sämtliche Ansprüche des Klägers, seien sie bekannt oder unbekannt, aus dem Vorfall vom 8.11.1992 ausgeglichen sind.
4. (…)
Der Streitwert ist vom Gericht für die einzelnen Anträge im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten u.a. für den Feststellungsantrag auf 5.000 DM festgesetzt worden. Auf das Sitzungsprotokoll vom 13.3.1996 (Bl. 36 ff., 39, 40 d.A. der beigezogenen Akte des LG P...