Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 18.03.1988; Aktenzeichen 22 O 114/88)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Entscheidung der Zivilkammer 22 des Landgerichts Berlin vom 18. März 1988 abgeändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet:

Die Antragsgegner haben es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten in jedem Falle der Zuwiderhandlung zu unterlassen, durch den Betrieb der Reinigung in der Westfälischen Straße … Berlin 31, Perchlorethylen in einer Raumluftkonzentration von mehr als 5,0 mg/m³ als Durchschnittswert eines Meßintervalles von 7 Tagen in einem Raum in der über der Reinigung der Antragsgegner befindlichen Wohnung der Antragsteller zu verursachen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Gründe

Die Antragsteller sind Mieter der Wohnung in der Westfälischen Straße … die über den von den Antragsgegnern gemieteten Gewerberäumen im Erdgeschoß liegt, in denen diese eine chemische Reinigung betreiben. Sie behaupten, das in der Reinigung verwendete Perchlorethylen dringe in ihre Wohnung und beeinträchtige ihre Gesundheit. Die Antragsteller haben beantragt,

den Antragsgegnern im Wege einer einstweiligen Verfügung bei Vermeidung von Ordnungsmitteln „den Betrieb ihres Reinigungsunternehmens Westfälische Straße … 1000 Berlin 31, unter Einsatz des Reinigungsmittels Perchlorethylen solange” zu untersagen, „bis durch geeignete Schutzvorkehrungen sichergestellt ist, daß in der Wohnung der Antragsteller eine Raumluftkonzentration an Perchlorethylen von 0,1 mg/m³, hilfsweise von 5,0 mg/m³ nicht überschritten wird.”

Das Landgericht hat durch den Beschluß vom 18. März 1988 den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil ein Verfügungsgrund nicht gegeben sei.

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde, deren Zurückweisung die Antragsgegner beantragen, verfolgen die Antragsteller ihr Begehren dahin weiter,

den Antragsgegnern zu untersagen, durch den Betrieb der Reinigung Westfälische Straße … Perchlorethylen in einer Raumluftkonzentration von mehr als 0,1 mg/m³, hilfsweise 5,0 mg/m³ als Durchschnittswert eines Meßintervalls von sieben Tagen in einem Raum der Wohnung der Antragsteller zu verursachen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 6. Mai 1988 Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist begründet. Die einstweilige Verfügung war, nachdem die mündliche Verhandlung angeordnet worden war, durch Urteil in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang zu erlassen.

Ein sogenannter Verfügungsgrund liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts im angefochtenen Beschluß vor. Die hierzu erforderliche Regelungsbedürftigkeit im Sinne von § 940 ZPO ergibt sich bereits daraus, daß die Antragsteller am 29. Februar 1908 die unstreitigen Meßwerte von 12,3 mg/m³ Perchlorethylen in ihrer Wohnung erfuhren und daß solche Werte nach dem Beschluß der 29. Umweltministerkonferenz vom 3./4. Dezember 1907 in Berlin Gesundheitsgefahren befürchten lassen. Den Antragstellern steht der jetzt geltend gemachte Unterlassungsanspruch bei der ihm hilfsweise zugrunde gelegten Raumluftkonzentration von 5,0 mg/m³ Perchlorethylen gegen die Antragsgegner entsprechend den §§ 062, 023 Abs. 1 und 1004 BGB zu. Aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich, daß die Antragsteller durch das in der Reinigung der Antragsgegner verwendete Reinigungsmittel Perchlorethylen, das aus der Reinigung in die darüberliegende Wohnung der Antragsteller eindringt, rechtswidrig in ihrer Gesundheit und im Besitz ihrer Wohnung beeinträchtigt werden können und daß die Gefahr solcher zukünftiger Beeinträchtigungen besteht.

Bei in der Wohnung der Antragsteller durchgeführten Messungen sind in letzter Zeit nach den Angaben der Parteien in der Verhandlung vor dem Senat unstreitig Raumluftkonzentrationen von Perchlorethylen von 3,8, 4,0 und 5,1 mg/m³ festgestellt worden. Dabei handelt es sich um Durchschnittswerte, die in einem Meßintervall von sieben Tagen erreicht wurden. Dies zeigt, daß sich auch als Durchschnitt über längere Zeit Raumluftkonzentrationen von mehr als 5,0 mg/m³ ergeben haben. Diese Belastung der Luft in der Wohnung der Antragsgegner mit Perchlorethylen wird durch die Reinigung der Antragsgegner verursacht. Nach dem Vorbringen der Antragsteller dringen insbesondere aus den zur Entlüftung ausgehängten, gereinigten Kleidungsstücken dann, wenn die Ventilatoren nach Geschäftsschluß in der Reinigung abgestellt werden, Perchlorethylendämpfe aus der Reinigung durch die Decke in ihre Wohnung. Dies erklärt nachvollziehbar die Raumluftkonzentration von Perchlorethylen in der Wohnung der Antragsteller. Die Antragsgegner haben keine andere, mit der Reinigung nicht im Zusammenhang stehende Imissionsquelle für das Perchlorethylen aufgezeigt. Für das Eindringen des Perchlorethylens in die Wohnung der Antragsteller ist auch der ...

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