Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung zwischen der Errichtung einer Vorgesellschaft und dem Abschluss eines auf die Gründung einer Vorgesellschaft gerichteten Vorvertrages.
Zur Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses, wenn der Vermieter zur Durchführung von Bauarbeiten verpflichtet sein soll, deren Umfang aus einer nicht beigefügten Baugenehmigung folgt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 15.03.2006; Aktenzeichen 32 O 282/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15.3.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des LG Berlin teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die in der F., im Quergebäude, Dachgeschoss links und rechts gelegenen Räumlichkeiten mit einer Größe von ca. 115 qm herauszugeben.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 92 % und die Klägerin 8 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 15.3.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
1. Die Klägerin hält das Urteil für unzutreffend. Das LG habe die Gesamtumstände bei Abschluss des von der Beklagten vorgelegten Mietvertrages vom 23.3.2000 unzutreffend gewürdigt; der Mitvertrag sei nichtig, weil ein Scheingeschäft zwischen der Beklagten einerseits und dem Geschäftsführer der Beklagten andererseits in seiner Eigenschaft als Eigentümer der Räumlichkeiten vorgelegen habe. Selbst wenn ein wirksames Mietverhältnis vorliege, sei die Beklagte zur Räumung und Rückgabe der Räumlichkeiten verpflichtet, weil das Mietverhältnis wegen fehlender Schriftform ordentlich kündbar gewesen und infolge der ausgesprochenen Kündigung deshalb beendet worden sei. Da die Beklagte das Objekt weiter nutze, sei sie zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der vertraglich vereinbarten Miete verpflichtet; eine Minderung der Miete komme nicht in Betracht, weil die Beklagte sich auf Mängel nicht berufen könne. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 9.8.2006 verwiesen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des LG Berlin vom 15.3.2006 zu verurteilen,
a) an sie 3.105 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.7.2005 zu zahlen,
b) an sie die in der F., im Quergebäude, Dachgeschoss links und rechts gelegenen Räumlichkeiten mit einer Größe von ca. 115 qm zu räumen und geräumt an sie herauszugeben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf ihren Schriftsatz vom 6.10.2006 Bezug genommen.
2. Die Berufung ist in den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.
a) Die Klägerin kann nach § 985 BGB Herausgabe der Räumlichkeiten verlangen, da sich die Beklagte auf ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht berufen kann. Ein solches Recht zum Besitz ergibt sich nicht aus dem auf den 23.3.2000 datierten Mietvertrag zwischen der Beklagten einerseits und ihrem Geschäftsführer (dem Zwangsverwaltungsschuldner) andererseits, weil der Vertrag nichtig ist. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Mietvertrag um ein Scheingeschäft gehandelt hat, dessen Nichtigkeit aus § 117 Abs. 1 BGB folgen würde. Der Mietvertrag ist jedenfalls - worauf der Senat im Verhandlungstermin hingewiesen hat - aus einem anderen Grund unbeachtlich. Nach dem Vortrag der am 15.10.2001 in das Handelsregister eingetragenen Beklagten soll am 4.3.2000 deren Gründung beschlossen worden sein, was sich aus dem als Anlage B5 eingereichten "Gründungsprotokoll der d. GmbH i.G." vom selben Tag ergeben soll. Diese Einschätzung mit der Annahme des Entstehens einer sog. Vorgesellschaft zu diesem Zeitpunkt ergibt sich aus dem eingereichten Protokoll gerade nicht. Voraussetzung für die Annahme der Gründung einer Vorgesellschaft als notwendige Vorstufe einer GmbH am 4.3.2000 wäre gewesen, dass bereits an diesem Tag eine Gesellschaft durch Abschluss eines Gesellschaftsvertrages errichtet worden wäre. Dieser Annahme steht schon die Eintragung im Handelsregister entgegen, wonach der Gesellschaftsvertrag der Beklagten (erst) am 22.6.2001 geschlossen worden sein soll. Gegen die Errichtung einer Gesellschaft am 4.3.2000 spricht insb. aber auch der Wortlaut des Gründungsprotokolls. Danach haben die dort genannten Personen sich "... in den zukünftigen Geschäftsräumen ..." getroffen und "... über die Gründungsmodalitäten ... verhandelt." Weiter heißt es, dass die Erschienenen "alsbald" eine Gesellschaft errichten wollen, für die der "Gesellschaftsvertrag, der für die Gesellschaft maßgebend sein soll" ...