Leitsatz (amtlich)
Wird die Sicherungseinrichtung einer Mittelinsel (hier: Hinweisschild "Rechts vorbei") durch einen Unfall beschädigt und ist die Mittelinsel deshalb bei Dunkelheit nicht ausreichend erkennbar, hat der Straßenbaulastträger (als Straßenbaubehörde i.S.v. § 45 Abs. 5 StVO) im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen.
Soweit der Straßenbaulastträger (z.B. mangels Kenntnis) nicht tätig wird, hat die Polizei (in Berlin gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 ASOG i.V.m. § 44 Abs. 2 StVO) vorläufige Maßnahme zur Beseitigung des verkehrsunsicheren Zustandes zu ergreifen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 05.08.2009; Aktenzeichen 86 O 118/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter teilweiser Abänderung des Urteils des LG vom 5.8.2009 (86. O. 118/09) der Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.975,54 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 28.2.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Gemäß § 313a Abs. 1 i.V.m. § 540 Abs. 2 ZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wie auch des Tatbestandes im Übrigen abgesehen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Schadenersatzanspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG i.H.v. 1.975,54 EUR.
1. Eine Amtspflichtverletzung, für die der Beklagte nach diesen Vorschriften einzustehen hat, liegt im vorliegenden Fall darin, dass Mitarbeiter des Beklagten nicht dafür gesorgt haben, dass die Mittelinsel, an der der Kläger verunfallt ist, bei Dunkelheit ausreichend erkennbar war.
a) Es entspricht der Rechtsprechung des Senates, dass der Verkehrssicherungspflichtige die Verkehrsteilnehmer vor den von der Straße ausgehenden Gefahren zu schützen und dementsprechend dafür zu sorgen hat, dass sich die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand befindet. Grundsätzlich sind alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, Gefahren, die von der Straße ausgehen, von den Benutzern fern zu halten, mit denen nach der Zweckbestimmung und der Beschaffenheit der Straße gerechnet werden muss (BGH NJW 1991, 2824). Andererseits ist es mit zumutbaren Mitteln nicht zu erreichen und kann deshalb von dem Verkehrssicherungspflichtigen nicht verlangt werden, dass eine Straße praktisch völlig gefahrlos ist. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und in objektiv zumutbarer Weise grundsätzlich alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht einzurichten vermag.
Im vorliegenden Fall war die Mittelinsel, an der der Kläger verunfallt ist, seinerzeit auch für einen Straßenbenutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt (der also insbesondere "auf Sicht" fährt), ohne das Hinweisschild (Rechts vorbei) nicht ausreichend erkennbar war, weshalb sich der Kläger auf diese nicht rechtzeitig einzurichten vermochte.
Nach dem vom Kläger mit der Klageschrift eingereichten und im Termin vor dem Senat in Augenschein genommenen Foto ist davon auszugehen, dass die Mittelinsel ohne das Hinweisschild beim Befahren der Straße im Dunkeln nicht deutlich, jedenfalls aber nur aus unmittelbarer Nähe, wahrgenommen werden konnte. Auf dem Foto, welches nicht bei Dunkelheit aufgenommen worden ist, ist erkennbar, dass sich Farbe und Material der Bordsteinkante der Mittelinsel bei Dunkelheit von der Fahrbahn kaum abheben. Auch ist feststellbar, dass die Fahrbahnmarkierung nicht deutlich an der Mittelinsel vorbeiführt. Hinzukommt, dass die Wahrnehmung eines Fahrers bei Dunkelheit von dem Scheinwerferlicht des Gegenverkehrs beeinträchtigt wird. Deshalb ist es auch ohne ausschlaggebende Bedeutung, ob die Straßenbeleuchtung eingeschaltet gewesen ist. Diesen sich aus dem vom Kläger vorgelegten Foto ergebenden Umständen ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Das für die Fahrbahn der Gegenrichtung angebrachte Hinweisschild am Ende der Mittelinsel mag vielleicht erkennbar gewesen sein. Dieses ist jedoch seitlich versetzt angebracht, so dass es - wenn überhaupt - nur außerhalb des (vermeintlichen) Fahrstreifens der vom Kläger befahrenen Fahrbahn wahrgenommen werden konnte. Dass im Bereich der Mittelinsel ein absolutes Halteverbot angeordnet war, deutet ebenfalls nicht ausreichend auf das Vorhandensein einer Mittelinsel hin.
Die Argumentation des LG überzeugt demgegenüber nicht. Dass das fehlende Verkehrszeichen nur "eine die Einrichtung der Mittelinsel flankierende Maßnahme, nicht etwa eine in jedem Falle unabdingbare und lückenlos zu gewährleistende Maßnahme der Verkehrssicherung" sei, hat selbst der Beklagte nicht geltend gemacht. Vielmehr hat der Beklagte die Aufstellung des Verkehrsschildes be...