Leitsatz (amtlich)
Für die Auswahl der Aufsichtspersonen bei dem schriftlichen Teil der notariellen Fachprüfung ist kein besonderes Verfahren vorgesehen. Fehler bei der Auswahl könnten allenfalls dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen, wenn sie wesentlich waren und somit ein Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann.
Zur Unterbindung bzw. frühzeitigen Erkennung von Täuschungsversuchen ist die stichprobenartige Kontrolle der von den Kandidaten mitgeführten - zugelassenen - Hilfsmittel ein geeignetes und anerkanntes Mittel. Fühlt sich ein Kandidat durch eine solche Kontrolle in seinem Recht auf Chancengleichheit verletzt, hat er dies innerhalb eines Monats bei dem Prüfungsamt schriftlich zu monieren.
Der Senat hält daran fest, dass gegen das Prinzip der sog. "offenen Zweitkorrektur" keine rechtlichen Bedenken bestehen. Nichts Anderes gilt im Überdenkungsverfahren.
Normenkette
BNotO §§ 7a, 7b, 7 f., § 7g; NotFV §§ 10, 18, 20
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung seines Bescheides vom 6. Januar 2022 und des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2022 den Kläger nach Neubewertung der Klausur F 20-121 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 3/4 und der Beklagte 1/4 zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Der Wert des Verfahrens beträgt 25.000,00 EUR.
Tatbestand
Der Kläger begehrt - noch - die Neubewertung von zwei seiner im Rahmen der notariellen Fachprüfung erbrachten schriftlichen Leistungen.
Der Kläger beantragte mit bei dem Beklagten am 30. Juni 2021 zugegangenem Schreiben vom 24. Juni 2021 die Zulassung zur Prüfungskampagne 2021/II der notariellen Fachprüfung unter Gewährung eines Nachteilsausgleichs. Der Beklagte verlangte von dem Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 2021 die Vorlage eines amtsärztlichen Attests bis zum 23. August 2021. Mit Bescheiden vom 19. August 2021 wurde der Beklagte zur notariellen Fachprüfung zugelassen und ihm ein Nachteilsausgleich gewährt.
Zwischen dem 27. September und 1. Oktober 2021 nahm der Kläger am von dem Beklagten durchgeführten schriftlichen Teil der notariellen Fachprüfung teil.
Mit am 11. Januar 2022 zugestelltem Bescheid vom 6. Januar 2022 teilte der Beklagte dem Kläger die Bewertung seiner Aufsichtsarbeiten wie folgt mit:
Klausur F 20-121 2,50 Punkte
Klausur F 20-122 3,00 Punkte
Klausur F 20-123 9,00 Punkte
Klausur F 20-113 6,00 Punkte.
Zugleich stellte der Beklagte fest, der Kläger sei von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und habe die notarielle Fachprüfung nicht bestanden, weil mehr als eine der Aufsichtsarbeiten mit weniger als 4,00 Punkten bewertet worden sei. Wegen der Einzelheiten der Klausuren, ihrer Lösungen durch den Kläger und die Ausführungen der Korrektoren in deren Voten hierzu wird auf Band I Abschnitt II der Verwaltungsakte verwiesen.
Mit am 12. Januar 2022 bei dem Beklagten eingegangenem Schriftsatz vom 11. Januar 2022 erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch und beanstandete in der Folge die Bewertungen aller vier Klausuren. Wegen der Einzelheiten wird auf Bd. I Blatt II 75 f. und II 86 bis 124 der Verwaltungsakte verwiesen. Auf Aufforderung des Beklagten nahmen sämtliche Korrektoren zu den Einwendungen des Klägers Stellung, blieben aber bei ihren Bewertungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte Band I Blatt II 131-142, 147-158, 161-165 und 168-169 verwiesen.
Der Kläger nahm die ihm von dem Beklagten eingeräumte Möglichkeit ergänzender Stellungnahme durch zwei bei dem Beklagten am 5. Mai 2022 eingegangene Schreiben - "Widerspruchsbegründung Teil II" und "Widerspruchsbegründung Teil III" - wahr. Wegen der Einzelheiten wird auf Band II Blatt II 4-24 der Verwaltungsakte verwiesen.
Der Beklagte hat mit am 21. Mai 2022 zugestelltem Bescheid vom 20. Mai 2022, wegen dessen Einzelheiten auf Bd. II Blatt II 26-34 der Verwaltungsakte verwiesen wird, den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 21. Juni 2022 bei dem Kammergericht eingegangene Klage.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2022 hat der Beklagte dem Kläger seine Absicht mitgeteilt, dessen Äußerungen in der Widerspruchsbegründung und den weiteren Stellungnahmen "den zuständigen Stellen" zur Ermittlung des Sachverhalts und ggf. Einleitung der jeweils erforderlichen Verfahren zu übermitteln.
Der Kläger bezieht sich auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren und trägt hierzu ergänzend vor.
Er beanstandet das Prüfungsverfahren, in dem seine - erlaubten - Hilfsmittel mehr und intensiver als bei anderen Kandidaten nachgeprüft worden seien. Auf seinen Hinweis auf einen ...