Leitsatz (amtlich)
Ein Notar ist nicht verpflichtet, den Verkäufer eines Grundstücks über dessen mögliche Verpflichtung zur Rückzahlung von Lastenausgleich zu belehren, wenn er keine Kenntnis von der Gewährung einer Entschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz hatte und der Kaufpreis angemessen ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen 84 O 34/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.10.2003 verkündete Urteil des LG Berlin - 84 O 34/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz nach dem hier allein i.V.m. §§ 398, 1922, 1924, 1942 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 19 Abs. 1 BNotO. Das LG hat vielmehr zu Recht eine Amtspflichtverletzung des verstorbenen Notars J.K. (im Folgenden: Erblasser) verneint.
Entgegen der Ansicht des Klägers war der Erblasser nicht verpflichtet, ihn bei der Beurkundung vom 3.3.1995 über einen möglicherweise gem. § 349 Lastenausgleichsgesetz (LAG) bestehenden Rückzahlungsanspruch des zuständigen Ausgleichsamtes wegen erhaltener Lastenausgleichsentschädigungszahlungen zu belehren. Zwar muss ein Notar bei der Beurkundung eines Rechtsgeschäfts gem. § 17 Abs. 1 BeurkG den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Er hat dabei auch darauf zu achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. Damit soll gewährleistet werden, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde errichtet, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der für das Rechtsgeschäft richtigen Form wiedergibt (BGH v. 28.4.1994 - IX ZR 161/93, MDR 1994, 835 = NJW 1994, 2283). Diesen Anforderungen genügt der am 3.3.1995 beurkundete Vertrag jedoch, auch wenn ein Notar sich nicht darauf beschränken darf, in der Urkunde nur die Hauptleistungspflichten der Beteiligten zu regeln, sondern gehalten ist, alle regelungsbedürftigen Fragen anzusprechen und die hierzu nötigen Belehrungen zu erteilen (BGH v. 28.4.1994 - IX ZR 161/93, MDR 1994, 835 = NJW 1994, 2283).
Die Problematik einer möglichen Verpflichtung zur Rückzahlung von Lastenausgleich war jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem der Notar keine Kenntnis von der Gewährung einer Entschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz hatte und in dem es nicht an einer angemessenen Gegenleistung des Käufers fehlte, keine regelungsbedürftige Frage. Die Pflicht zur Rückzahlung war nicht Folge des vom Erblasser beurkundeten Vertrages, sondern ergab sich aus dem Lastenausgleichsgesetz.
Der Kläger kann sich deshalb auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BGH zur Beratungspflicht eines Notars über nicht abgerechnete Erschließungskosten (BGH v. 28.4.1994 - IX ZR 161/93, MDR 1994, 835 = NJW 1994, 2283) berufen. Diese Rechtsprechung beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass es für den Käufer, der überhaupt nur in Folge eines zu beurkundenden Geschäfts haftet, in der Regel überraschend ist, wenn ihn das dispositive Recht mit Kosten für vor dem Vertragsschluss ausgeführte Erschließungsmaßnahmen belastet. Demgegenüber kommt eine Haftung des Leistungsempfängers nach dem Lastenausgleichsgesetz auch unabhängig von der beurkundeten Veräußerung in Betracht. Zudem musste selbst ein juristischer Laie damit rechnen, dass ein ihm bekannter Lastenausgleich für den Verlust eines Grundstücks nach Rückübertragung und Verwertung zurückzuzahlen ist. Es lag auch auf der Hand, dass sich eine Rückforderung ggf. gegen den verkaufenden Leistungsempfänger und nicht gegen den Käufer richten würde. Entgegen der Argumentation der Klägerseite würde im Übrigen selbst nach heutiger Gesetzeslage ein Erwerber nur im Fall einer unangemessenen Gegenleistung haften (§ 349 Abs. 5 S. 2 LAG). Allein auf diese Fälle scheint sich auch das von Ganter (Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rz. 1051) befürwortete Gebot eines Hinweises "auf die mögliche Verpflichtung zur Rückzahlung von Lastenausgleich (§ 349 Abs. 5 S. 2 LAG)" zu beziehen.
Ob sich auf Grund besonderer Umstände gleichwohl eine Belehrungspflicht des Notars über die mögliche Rückgewähr empfangener Lastenausgleichszahlungen ergeben kann, bedarf keiner Klärung. Derartige Umstände lagen hier nicht vor. Der Erblasser hatte weder Kenntnis von einer solchen Zahlung an den Kläger und seine Miterben, noch musste sich ihm eine Leistungsgewährung aufdrängen. Auch wenn er jedenfalls durch das im DNotI-Report veröffentlichte Schreiben des Präsidenten des Bundesausgleichsamtes vom 5.7.1993 hinsichtlich der Ausgleichsproblematik sensibilisiert sein musste, war er nicht verpflichtet, diesbezügliche Nachfor...