Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage des unbefugten Einwirkens auf den Ablauf des Datenverarbeitungsvorgangs nach § 263a Abs. 1 4. Var. StGB durch "Leerspielen eines Spielautomatens".
2. Nutzen die Angeklagten bestehende technische Unzulänglichkeiten eines Spielautomaten im Rahmen einer formell ordnungsgemäßen Bedienung aus, die dem Automatenhersteller bekannt ist, liegt kein unbefugtes Einwirken i.s.d. § 263a Abs. 1 4. Var. StGB vor.
3. Denn es fehlt an dem geforderten Täuschungsäquivalent (im Anschluss an BGHSt 47, 160) und dem entgegenstehenden und damit schützenswerten Willen des Automatenbetreibers (im Anschluss an BGHSt 40,331ff).
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 20.08.2013; Aktenzeichen (564) 271 Js 1936/11 Ns (24/13)) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. August 2013 wird verworfen.
Die Kosten der Revision und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Landeskasse Berlin.
Gründe
Wegen Computerbetrugs hat das Amtsgericht Tiergarten am 20. November 2012 den Angeklagten x zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,-- Euro und den Angeklagten y zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30,-- Euro verurteilt. Auf die dagegen gerichteten Berufungen der Angeklagten hat das Landgericht Berlin am 20. August 2013 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Angeklagten freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Das Rechtsmittel, das von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vertreten wird, hat keinen Erfolg.
1.
Nach den Feststellungen des Urteils des Landgerichts Berlin suchten die beiden Angeklagten aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Entschlusses in den frühen Morgenstunden des 19. März 2011 das Automatenspielcasino in der Müllerstraße 22 b in 13353 Berlin auf und erspielten dort an zumindest vier Spielautomaten des Typs Royal Admiral Crown Slant gegen den Willen des Casinobetreibers in Kenntnis und unter Ausnutzung eines Fehlers der Software des dort ablaufenden Spiels "Fruits on fire" Geldbeträge in Höhe von jedenfalls mehreren Hundert Euro, um diese für sich zu behalten.
Bei dem Spiel "Fruits on fire" handelt es sich um ein Computerprogramm, welches seit Anfang des Jahres 2011 auf dem Markt ist und das - neben anderen Spielen - auf den Spielautomaten des vorgenannten Typs läuft. Der Spieler muss zunächst Hartgeld in den Automaten einwerfen, den Geldbetrag durch das Gerät in Spielpunkte umwandeln lassen, das Spiel auswählen und durch Drücken der Starttaste in Gang setzen. Es setzen sich dann neun virtuelle Walzen mit verschiedenen Symbolen in Bewegung, die nach einer gewissen Zeit automatisch stoppen. Wenn mehrere Walzen übereinstimmende Symbole zeigen, erzielt der Spieler einen Gewinn in Gestalt einer Punktegutschrift, die er sich auf Wunsch zu einem beliebigen Zeitpunkt durch die Maschine wieder in Geld (zurück-) wechseln und auszahlen lassen kann.
Nach einer von einem Zufallsgenerator bestimmten Anzahl solcher normalen Punktespiele - statistisch mehrere Hundert - ermöglicht die Software dem Spieler ein Gratis-Spiel (so genanntes Feature-Game) mit erhöhten Gewinnchancen. Dabei zeigen mindestens drei der Walzen gleiche Symbole an und der Spieler hat durch Drücken der Starttaste die Möglichkeit, lediglich diejenigen Walzen wieder in Bewegung zu setzen, die noch nicht auf Gewinn stehen, bis ein Gewinn erreicht ist. Nach einem derartigen Feature-Game wechselt der Automat wieder in den Normalmodus.
Infolge eines Programmierfehlers der Software war es einem Spieler - vorliegend den beiden Angeklagten - allerdings möglich, über eine bestimmte Tastenkombination nach einem Feature-Game sogleich wieder zu einem solchen zu gelangen. Dazu musste er den zuvor erzielten Gewinn annehmen, den Einsatz zwei Mal verstellen, das Spiel über die Spielauswahltaste verlassen, es gleich wieder anwählen und dann mit der Start-Taste in Gang setzen, wobei er nun auch die Möglichkeit hatte, den höchsten Einsatz zu wählen. Die Maschine stellte dann sogleich wieder die Sonderspielsituation her, wie sie zum Ende des vorangegangenen Feature-Game bestand, und der Spieler konnte das Feature-Game spielen, bis alle Walzen dasselbe Symbol zeigten, bis mithin - bei vollem Einsatz - der größtmögliche Gewinn erreicht war. Erst dann wechselte der Automat endgültig in den Normalmodus zurück.
Den Automaten in der zuvor dargestellten Art zu bedienen, wäre einem Spieler grundsätzlich auch dann technisch möglich gewesen, wenn die Software fehlerfrei funktioniert hätte. Die Tastenfolge hätte dann allerdings nicht zu einem weiteren Sonderspiel geführt.
Wie die Angeklagten Kenntnis von dem Softwarefehler und der Möglichkeit, ihn in der beschriebenen Weise auszunutzen, erlangt haben, konnte das Gericht nicht feststellen. Möglicherweise haben sie ihn selbst entdeckt, wahrscheinlich ist er ihnen jedoch - zumindest mittelbar - über das Internet bekannt geworden, w...