Leitsatz (amtlich)
1. Die durch Stundenlohnzettel nachgewiesenen Arbeitsstunden kann der Besteller nur dann entkräften, wenn er konkrete, bei der Unterzeichnung noch nicht bekannte Umstände vorträgt, aus denen sich die von ihm angestrebte Reduzierung der Stunden ergibt.
2. Bei einem durch Kündigung oder Vertragsaufhebung vorzeitig beendeten Werkvertrag trifft die Darlegungs- und Beweislast für Mängel dann den Besteller, wenn er im Wege der Ersatzvornahme die behaupteten Mängel beseitigt hat und das Werk zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts mangelfrei ist.
3. In diesem Fall muss der Besteller auch darlegen und beweisen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme vorlagen. Anderenfalls behält der Werkunternehmer seinen Anspruch auf Zahlung des Werklohns ungekürzt.
Normenkette
BGB § 781
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 23 O 255/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.5.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 23 des LG Berlin – 23 O 255/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Gründe
I. Auf das streitige Schuldverhältnis sind gem. Art. 229 § 5 EGBGB die vor dem 1.1.2002 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden. Die zitierten Vorschriften des BGB beziehen sich daher auf das bis zum 31.12.2001 geltende Recht.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das LG hat der Klägerin i.E. zutreffend einen Werklohn von 460 DM netto für insgesamt 597,5 Arbeitsstunden zugesprochen.
1. Die Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, der Klägerin stehe nur ein Werklohnanspruch i.H.v. 18.652,10 DM zu.
a) Die Beklagte berechnet diesen Anspruch nach der Tonnage (35,732 t × 450 DM/t). Das deckt sich nicht mit der vertraglichen Vereinbarung, die eine Abrechnung nach Stunden vorsieht. Unstreitig sollte die Abrechnung nach Stunden zunächst „auf Probe” erfolgen. Wegen der Vertragsbeendigung ist dann aber keine Umstellung der ursprünglichen Vereinbarung auf eine Abrechnung nach Tonnage erfolgt.
Allein der Umstand, dass die Klägerin ihre Rechnung vom 1.6.1999 sowohl nach Tonnage als auch nach Stunden gestellt hat, führt nicht zu einer einvernehmlichen Vertragsänderung. Die Klägerin hat dargetan, dass die Rechnung auf Tonnagebasis nur auf einem Wunsch der Beklagten beruhte, nicht jedoch zu einer Vertragsänderung führen sollte. Dem tritt die Beklagte nicht erheblich entgegen. Sie benutzt die Tonnagerechnung nur für ihren Einwand, es seien unverhältnismäßig viele Stunden abgerechnet worden, weil die Menge des verlegten Stahls statt rd. 33 t (Rechnung der Klägerin) tatsächlich nur rd. 19 t betragen habe. Eine Vertragsänderung ergibt sich aus diesem Vertrag nicht.
b) Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe für die verlegte Menge Bewehrungsstahl unverhältnismäßig viele Stunden abgerechnet, greift nicht durch.
Es gilt der Grundsatz, dass unterschriebene Stundenlohnzettel ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis enthalten, mit der Folge, dass sich die Beweislast umkehrt. Der Auftraggeber kann darüber hinaus nachträglich dieUnrichtigkeit der Stundenlohnzettel nur geltend machen, wenn er nachweist, dass die Angaben in den Zetteln nicht zutreffen und dass er dies bei Abgabe seiner Anerkenntniserklärung weder wusste noch damit rechnen konnte (BGH NJW 1958, 1535; Leinemann/Schliemann, VOB-B, § 15 Rz. 30).
Um die Angemessenheit der unstreitig geleisteten Stunden zu erschüttern, muss die Beklagte als Auftraggeber substantiiert darlegen, in welchem Umfang diese Stunden nicht erforderlich waren. Dazu genügt es nicht, der zugestandenen Gesamtstundenzahl eine andere Gesamtstundenzahl gegenüberzustellen. Vielmehr ist es erforderlich darzulegen, in welchem Umfang einzelne gearbeitete Stunden nicht erforderlich waren. Würde man es genügen lassen, einer geleisteten Arbeitsstundengesamtzahl einfach eine niedrigere für erforderlich gehaltene Zahl entgegenzusetzen, würden die Stundenlohnzettel ihren Sinn verlieren (OLG Düsseldorf v. 14.7.1994 – 5 U 259/93, OLGReport Düsseldorf 1994, 215).
Dieser Ansicht ist auch im vorliegenden Fall zu folgen. Die schlichte Behauptung der Beklagten, die Klägerin hätte mit der Hälfte der abgerechneten Stunden auskommen können, beruht nur auf der von ihr für richtig erachteten Abrechnung nach der Tonnage des verlegten Stahls. Wann und bei welchen konkreten Arbeiten die an sich unstreitigen Stunden nicht angemessen waren, wird nicht vorgetragen. Der Beweisantritt durch Sachverständigengutachten liefe daher auf reine Ausforschung hinaus, die im Zivilprozess unzulässig ist.
Dies gilt umso mehr, als die Klägerin behauptet hat, sie habe auch Hilfestellung beim Abladen des Bewehrungsstahls leisten müssen. Das hat die Beklagte zwar bestritten und behauptet, die Klägerin habe gebummelt und mangelhaft gearbeitet. Ihren Vortrag hat die Beklagte aber weder konkretisiert noch unter Beweis gestellt. Wenn sie trotz a...