Leitsatz (amtlich)
Der Schädiger muss auch für Beschwerden einstehen, wenn es sich um psychisch vermittelte Beeinträchtigungen handelt, die sich nicht als schadensausfüllende Folgewirkungen einer Verletzung darstellen, sondern haftungsbegründend erst durch die psychische Reaktion auf ein Unfallgeschehen eingetreten
Der Grundsatz, dass eine besondere Schadensanfälligkeit des Verletzten den Schädiger nicht entlasten darf, gilt grundsätzlich auch für psychische Schäden, die regelmäßig aus einer besonderen psychischen Labilität des Verletzten erwachsen; dies schließt auch Folgen einer neurotischen Fehlverarbeitung des Unfalls ein, nicht aber Fälle einer Renten- oder Begehrensneurose, in denen der Geschädigte den Unfall in einem neurotischen Bestreben nach Versorgung und Sicherheit lediglich zum Anlass nimmt, den Schwierigkeiten und Belastungen des Erwerbslebens.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.09.2001; Aktenzeichen 31 O 103/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 20.9.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 31 des LG Berlin - 31 O 103/99 - wird, soweit nicht bereits durch Teilurteil des Senats v. 12.1.2004 hierüber entschieden wurde, zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Die am 21.12.2001 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem am 11.2.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers sowie die Anschlussberufung der Beklagten, richten sich gegen das am 8.11.2001 zugestellte Urteil des LG Berlin v. 20.9.2001, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird. Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss v. 3.7.2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gewährt.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein erstinstanzliches Klagebegehren weiter, soweit das LG die Klage abgewiesen hat und macht geltend, das LG sei zu Unrecht auf der Grundlage des Gutachtens des technischen Sachverständigen O. zu dem Ergebnis gelangt, dass die kollissionsbedingte Geschwindigkeitsänderung maximal 5 km/h betragen haben könne. Der Sachverständige O. habe bei seinem Gutachten unberücksichtigt gelassen, dass nach dem Gutachten der DEKRA v. 26.11.1997 am klägerischen Fahrzeug nicht nur die Stoßstange, sondern auch das Heckblech und die Seitenwand hinten links beschädigt gewesen seien. Zudem ergebe eine gesetzliche Bestimmung zum Exportieren von Pkw's in die USA, dass bei Kollisionsgeschwindigkeiten bis zu 4 km/h kein Schaden an der Fahrzeugkarosserie entstehen dürfe. Tatsächlich sei das Fahrzeug des Beklagten zu 1). mit einer Geschwindigkeit von mindestens 25 km/h auf das klägerische Fahrzeug aufgefahren.
Da der medizinische Sachverständige von einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung von maximal 5 km/h ausgegangen sei und den Kläger zudem nicht persönlich untersucht habe, sei auch dieses Gutachten im Ergebnis fehlerhaft. Vielmehr ergebe sich aus einem Gutachten des Sachverständigen Dr. med. J.G. v. 1.10.2001, welches in einem sozialgerichtlichen Verfahren eingeholt worden war, dass es sich bei den vom Kläger geklagten Verletzungsfolgen um eine typische Vegetativ-Symptomatik infolge HWS-Distorsion handele. Entgegen dem Gutachten G. liege jedoch beim Kläger eine MDE von nicht nur 10 %, sondern mindestens 20 % vor. Außerdem sei er - wie G. festgestellt habe - unfallbedingt nicht nur zwei Wochen seit dem Unfall, sondern bis 4.9.1998 arbeitsunfähig gewesen.
Hinsichtlich des vom Kläger mit der Berufung weiter verfolgten Haushaltsführungsschadens i.H.v. 6.821,94 Euro sowie der Anschlussberufung der Beklagten, mit der diese eine vollständige Klageabweisung begehrt haben, hat der Senat mit Teilurteil v. 12.1.2004, auf das verwiesen wird, entschieden.
Im Streit sind noch folgende vom Kläger verfolgte Positionen:
weiteres Schmerzensgeld mindestens 22.241,20 Euro,
weitere Fahrtkosten 2.495,41 Euro,
Stornokosten wegen einer abgesagten Reise 122,71 Euro,
sowie der Feststellungsantrag.
Der Kläger beantragt nun noch:
1. die Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Urteils des LG Berlin v. 20.9.2001 und unter Aufhebung des Versäumnisurteils v. 11.11.1999 zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen, wobei das Schmerzensgeld einschl. der zugesprochenen 1.500 DM (766,94 Euro) einen Betrag von 45.000 DM (23.088,13 Euro) nicht unterschreiten sollte;
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche Schäden, die in Zukunft aus dem Verkehrsunfall v. 21.11.1997 auf der Pablo-Picasso-Straße in Berlin entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergehen;
3. die Beklagten als Gesamtschuldne...