Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeld für unfallbedingte psychische Störung
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 12.02.2001; Aktenzeichen 24 O 520/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.2.2001 verkündete Urteil des LG Berlin - 24 O 520/99 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 20.7.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 33 % und der Beklagte 67 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Klägerin und Berufungsklägerin verlangt Schmerzensgeld für körperliche und seelische Beeinträchtigungen, die sie durch die Fahrweise eines Polizeiwagens des Beklagten (Fahrer: Zeuge G.) am 18.11.1996 davongetragen haben will (erwartete Schmerzensgeldhöhe: 7.000 DM = 3.579,04 Euro). Bei dem fraglichen Geschehen ist die Klägerin unstreitig zwischen ihr in zweiter Reihe abgestelltes Auto und einen langsam vorbeifahrenden Polizeiwagen geraten, dessen Fahrer sehenden Auges in die Engstelle hineingefahren war. Dabei hat sie - unstreitig - jedenfalls eine Ellenbogenprellung erlitten. Umstritten ist, ob sie darüber hinaus eine Brustkorbquetschung, einen Schock und psychische Folgeschäden erlitten hat.
Der Zeuge G. als Fahrer des Polizeiwagens ist vom AG Tiergarten - 299 Ds 213/97 - rechtskräftig wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 130 DM verurteilt worden (§§ 230, 232, 142 Abs. 1, 53 StGB).
Das LG hat nach persönlicher Anhörung der Klägerin und nach Beweisaufnahme (Zeugen G., D., Y.) eine Brustkorbquetschung nicht als bewiesen angesehen (S. 6 der Urteilsgründe), infolgedessen auch die Folgebeschwerden nicht für bewiesen gehalten (S. 8 der Urteilsgründe), die Ellenbogenprellung als Bagatelle eingestuft und die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin den erstinstanzlichen Anspruch weiter mit folgender Begründung:
1. Das LG habe die Aussagen der Zeugen D., Y. und G. sowie die vorgelegten ärztlichen Atteste unzutreffend gewürdigt, sich ohne eigene Sachkunde über die Diagnose des Dr. M. hinweggesetzt und sei deswegen zu dem unzutreffenden Ergebnis gelangt, die Klägerin habe keine Brustkorbquetschung erlitten.
2. Das LG habe ferner verkannt, dass sie - unabhängig von der Brustkorbquetschung - infolge des Unfallschocks Verspannungen unterhalb der Halswirbelsäule erlitten habe, mit starken Kopfschmerzen, die sich zu einem Dauerkopfschmerz entwickelt hätten. Wegen der erlittenen Todesangst leide sie auch weit über zwei Jahre nach dem Unfall unter massiven Angstzuständen, die sich in Herzrasen bemerkbar machten und zu gravierenden Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Alpträumen, Schwindelanwandlungen und Brechreizsymptomen geführt hätten.
3. Vorsorglich bestreitet sie ein Mitverschulden am Unfallhergang.
Die Klägerin beantragt, das am 12.2.2001 verkündete Urteil des LG Berlin - 24 O 520/99 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens (Dr. R. vom 21.10.2003) sowie eines nervenärztlichen Gutachtens (Dr. H. vom 28.1.2004).
B. Die Berufung der Klägerin ist teilweise erfolgreich. Die in der Berufungsinstanz durchgeführte Beweisaufnahme hat zwar die Behauptungen der Klägerin nicht bestätigt, sie habe bei der Berührung mit dem Polizeifahrzeug des Beklagten am 18.11.1996 eine Brustkorbquetschung mit beträchtlichen körperlichen Folgebeschwerden sowie einen Unfallschock erlitten. Mit dem LG sieht es der Senat nur als erwiesen an, dass es zu einer Berührung zwischen der Klägerin und der linken Seite des Funkstreifenwagens gekommen ist. Es steht - abweichend vom LG - nach sachverständiger Begutachtung für den Senat jedoch fest, dass dieses Berührungsgeschehen bei der Klägerin eine psychische Störung ausgelöst oder eine vorhandene psychische Störung jedenfalls nachhaltig vertieft hat mit der Folge, dass sie für den Zeitraum von etwa einem Jahr unfallbedingt Verspannungen unterhalb der Halswirbelsäule mit starkem Dauerkopfschmerz, sporadisch auftretendem Schwindel sowie Nackenschmerzen und Schmerzen im gesamten Brustkorbbereich erlitten hat. Hierfür steht der Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 2.000 Euro zu. Weitergehendes Schmerzensgeld kann die Klägerin, die sich einen Ausgleich i.H.v. 3.579,04 Euro (7.000 DM) vorgestellt hat, jedoch nicht verlangen.
I. 1. Nach § 847 Abs. 1 BGB a.F. kann das Opfer einer Körper- oder Gesundheitsverletzung wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Sache des Geschädigten im Prozess ist es - wie das LG zutreffend ausgeführt hat -, eine deliktische Körper- oder Gesundheitsverletzu...