Leitsatz (amtlich)
1. Die Rspr. des BGH zum vorläufigen Deckungsschutz in der Kaskoversicherung bei Aushändigung einer sog. Versicherungsdoppelkarte (VersR 1999, 1274 Rz. 7 f.), wonach sich dieser ohne einen ausdrücklichen und eindeutigen Hinweis auf die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflichtversicherung auch auf die Kaskoversicherung erstreckt, wenn eine solche gewünscht war, gilt auch nach Einführung der elektronischen Versicherungsbestätigung -eVB-. Denn der Ersatz der Doppelkarte durch die eVB ist allein der Tatsache geschuldet, dass auch die Kfz-Zulassungsstellen mittlerweile elektronisch arbeiten.
2. Dies gilt auch dann, wenn der VN die eVB von einem Versicherungsmakler erhält, weil der Versicherungsvertrag bereits mit der eVB zustande kommt und der Makler insoweit also im Aufgabenkreis des VR tätig geworden und aus der Sicht des VN berechtigt ist, den VR durch deren Weitergabe rechtlich wirksam im Rahmen eines vorläufigen Deckungsvertrages zu verpflichten.
Normenkette
VVG § 49; AKB B 2.2
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 23.01.2014; Aktenzeichen 41 O 20/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Berlin vom 23.1.2014 -Az.: 41 O 20/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da im Hinblick auf den Berufungswert ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist, vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO.
II. Die am 24.2.2014 eingegangene Berufung der Beklagten gegen das am 4.2.2014 zugestellte Urteil des LG Berlin ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingereicht (§§ 517, 519 ZPO) und -nach Verlängerung der Frist bis zum 5.5.2014 - begründet (§ 520 ZPO) worden.
Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, weil sich die angefochtene Entscheidung auch unter Berücksichtigung der dagegen gerichteten Berufungsangriffe als zutreffend erweist. Zu Recht hat das LG die Beklagte zur Zahlung einer Kaskoversicherungsleistung i.H.v. 6.350 EUR verurteilt. Denn im Ergebnis der in zweiter Instanz teilweise wiederholten Beweis-aufnahme steht auch zur notwendigen Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) fest, dass die Beklagte dem Kläger im Rahmen der vereinbarten vorläufigen Deckung für das Fahrzeug VW Sharan Versicherungsschutz im Rahmen einer Teilkaskoversicherung gewähren musste.
Unstreitig bestand zwischen dem Kläger und der Beklagten im Zeitpunkt des behaupteten Versicherungsereignisses ein Versicherungsvertrag über die vorläufige Deckung in der Kfz-Haftpflichtversicherung, der durch die Überlassung der elektronischen Zulassungsnummer an den Kläger (früher Versicherungs-Doppelkarte) zustande gekommen war (vgl. dazu: Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. 2009 B. 2. c - Rz. 19) und die Beklagte verpflichtete, ab dem Tag der Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren. Die vorläufige Deckungszusage des Versicherers stellt gem. § 49 ff. VVG einen vom eigentlichen (Haupt-)Versicherungsvertrag losgelösten, rechtlich selbständigen Versicherungsver-trag dar, der für die Zeit vor dem Beginn des endgültigen Versicherungsschutzes -und unabhängig von ihm- einen Anspruch auf Versicherungsschutz entstehen lässt; dies jedoch regelmäßig nur im Rahmen der sog. Kfz-Pflichthaftpflichtversicherung, ohne deren Bestehen eine Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr nicht möglich wäre. Da dem nicht juristisch vorgebildeten Versicherungsnehmer diese Trennung zwischen Hauptvertrag und Vertrag über die vorläufige Deckung jedoch regelmäßig nicht bekannt ist, entspricht es ständiger Rechtsprechung des BGH und der OLG (vgl. BGH VersR 1999, 1274 - 1275, zitiert nach juris, dort Rz. 7 und 8; OLG Schleswig MDR 2007, 1422 - 1423, zitiert nach juris, dort LS 1 und Rz. 4; OLG Karlsruhe NJW-RR 2006, 1540 - 1541, zitiert nach juris, dort LS 1 und Rz. 18; OLG Saarbrücken VersR 2006, 1353 - 1355, zitiert nach juris, dort LS 1 und Rz. 25), dass ein verständiger Versicherungsnehmer nach der Verkehrsauffassung davon ausgehen darf, dass der Versicherer seinen Antrag auf kombinierten Haftpflicht- und Kaskoversicherungsschutz (im Hauptvertrag) auch schon im Stadium der vorläufigen Deckung einheitlich behandeln wird, solange er nicht seitens des Versicherers ausdrücklich und eindeutig darauf hingewiesen worden ist, dass im Rahmen der vorläufigen Deckung tatsächlich -und abweichend von dem Inhalt der beantragten Hauptversicherung- nur Haftpflichtversicherungs-schutz gewährt wird (vgl. auch OLG Saarbrücken VersR 2006, 1353 - 1355, zitiert nach juris, Rz. 23 m.w.N.; vgl. auch Stadler in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. AKB B Rz. 7 m.w.N.). Denn die Übergabe der elektronischen Zulassungsnummer, die die frühere Doppelkarte ersetzt hat, in der Sache aber weiterhin die Annahmeerklärung des Versicherers im Rahmen der vorläufigen Deckung da...