Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung einer Vertragsstrafe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die außerordentliche Kündigung eines Unterlassungsverpflichtungsvertrags kann begründet sein, wenn dem Zustandekommen des Vertrages ein missbräuchliches Verhalten des Unterlassungsgläubigers zugrunde gelegen hat.

2. Der Geltendmachung einer Vertragsstrafe aus einem durch Missbrauch zustande gekommenen Unterwerfungsvertrag kann schon vor dessen Kündigung der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen gehalten werden (Anschluss an OLG München WRP 1992, 270 und OLG Hamm, GRUR-RR 2011, 196; offen gelassen in BGH GRUR 2012, 730 - Bauheizgerät, Tz 38 und GRUR 2012, 949 - Missbräuchliche Vertragsstrafe, Tz 22).

3. Zur missbräuchlichen Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche bei Bestehen eines Missverhältnisses zwischen dem Umfang der Abmahntätigkeit und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Abmahnenden.

 

Normenkette

BGB §§ 339, 242; UWG § 8 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 30.08.2016; Aktenzeichen 97 O 125/14)

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 30.8.2016 - 5 U 163/15 - wird aufrechterhalten.

2. Der Kläger hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beklagte betreibt den Online-Shop www.m.de sowie bundesweit 13 Filialgeschäfte, in denen sie auch Kopf- und Ohrhörer verkauft.

Der Kläger verkaufte Kopf- und Ohrhörer über eBay und den Online-Shop www.x.de.

Aufgrund der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 2.6.2014 (Anlage FN 15 zur Klageschrift) und der auf den 14.5.2014 datierten Annahmeerklärung des Klägers (Anlage FN 16 zur Klageschrift) ist zwischen den Parteien eine Vereinbarung zustande gekommen.

Die Beklagte hat im Laufe dieses Rechtsstreits in ihrem Schriftsatz vom 1.12.2015 eine außerordentliche Kündigung dieser Vereinbarung aus wichtigem Grund erklärt (Band I, Bl. 209 d.A.). Dieser Schriftsatz ist dem Kläger spätestens am 2.12.2015 zugegangen (vgl. Band I, Bl. 225 d.A.).

Am 18. und 20.6.2014 erwarb der Kläger bei der Beklagten die in der Klageschrift auf Seite 16 aufgelisteten sieben Kopf- und Ohrhörer (Anlage FN 1b und FN 1c zur Klageschrift) und mahnte die Beklagte mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4.8.2014 (Anlage FN 24 zur Klageschrift) wegen Verstößen gegen die vertraglichen Unterlassungsverpflichtungen (vgl. hierzu die tabellarische Auflistung auf Seite 18 der Klageschrift) und Wettbewerbsverstößen ab.

Am 21.11.2014 erwarb der Kläger bei der Beklagten zwei weitere Kopfhörer (Anlagen FN 26 und FN 27 zum Schriftsatz des Klägers vom 4.5.2015).

Am 16.5.2015 erwarb der Kläger bei der Beklagten drei weitere Kopfhörer (Anlagen FN 30, FN 31 und FN 32 zum Schriftsatz des Klägers vom 10.6.2015).

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Kopfhörer zu Zwecken des Wettbewerbs in den Verkehr zu bringen,

a) ohne dass hierfür zuvor bei der nach ElektroG zuständigen Stelle für die dem jeweils angebotenen Gerät zugehörige Marke sowie der zugehörigen Geräteart registriert worden sind, wie bei den Kopfhörern ersichtlich aus den Anlagen FN 17, FN 19, FN 20 und FN 31 geschehen,

b) ohne dass diese eine dauerhafte Kennzeichnung haben, die den Hersteller eindeutig identifiziert, wie bei den Kopfhörern ersichtlich aus den Anlagen FN 17, FN 19, FN 20, FN 27 und FN 31 geschehen,

c) ohne dass die Kopfhörer selbst oder, wenn es auf Grund der Größe und der Funktion des Produkts erforderlich ist, deren Verpackung, Gebrauchsanweisung oder Garantieschein eine dauerhafte Kennzeichnung gemäß § 7 Satz 2 ElektroG haben, wie bei den Kopfhörern ersichtlich aus den Anlagen FN 19, FN 20, FN 21, FN 22, FN 23, FN 26, FN 27 und FN 30 geschehen,

d) ohne dass diese mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers auf dem Verbraucherprodukt, wie bei den Kopfhörern ersichtlich aus den Anlagen FN 18, FN 19, FN 20, FN 21, FN 22, FN 26, FN 27, FN 30 und FN 32 geschehen, oder wenn dies nicht möglich ist, dessen Verpackung gekennzeichnet sind, wie bei den Kopfhörern ersichtlich aus der Anlage FN 23 geschehen,

e) die keine CE-Kennzeichnung auf dem Produkt selbst tragen, wie bei den Kopfhörern ersichtlich aus den Anlagen FN 19, FN 20, FN 21, FN 22, FN 26, FN 27, FN 30 und FN 32 geschehen,

2. die Beklagte zu verurteilen,

a) an die F.N.Rechtsanwälte GbR, ..., 35.700,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 19.8.2014 zu zahlen,

b) an die F.N.Rechtsanwälte GbR, ..., 1.252,...

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