Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 25.04.2002; Aktenzeichen 12 O 7/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger einen Teilbetrag von 118.478,68 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 14.093,33 Euro seit dem 30.1.2001, aus 65.240,84 Euro seit dem 30.6.2001 sowie aus 39.144,51 Euro seit dem 10.1.2002 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Originalbürgschaftsurkunde vom 6.7.1995 (KD 113846 Won/Rst-b11).

Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug haben der Kläger 1/7 und die Beklagte 6/7 zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits des zweiten Rechtszuges haben der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 180.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 3.900 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 25.4.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Berufung wendet sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Mietzinsen bzw. Nutzungsentschädigung nach dem 12.1.2001.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das LG hätte nicht offenlassen dürfen, ob das Mietverhältnis durch die Kündigung des Klägers vom 12.1.2001 beendet worden ist. Denn die Bürgschaft sichere nur Mietzinsansprüche, nicht hingegen Ansprüche auf Nutzungsentschädigung. Die Bürgschaftserklärung sei nicht auslegungsfähig. Nach dem Wortlaut sei der Umfang der Bürgschaft eindeutig bestimmt, nämlich, dass sie als Bürgin nur für vertraglich geschuldete Mietzinsen einzustehen habe. So ergäbe sich auch aus der Formulierung, dass die Bürgschaft spätestens mit Beendigung des Mietvertrages erlösche, dass nur die primärrechtlichen Ansprüche bei Bestehen des Mietvertrages gesichert werden sollten. Die Nutzungsentschädigung sei – entgegen der Ansicht des LG – kein mietzinsähnlicher, sondern ein vertragsähnlicher Anspruch eigener Art, als Entschädigungsanspruch werde er dafür gewährt, dass der Mieter die Nutzungsmöglichkeit der Mieträume ohne Rechtsgrund für sich in Anspruch nehme. Eine Erweiterung des Sicherungszweckes auf Nutzungsentschädigungsansprüche ergäbe sich auch nicht aus den Umständen des Zustandekommens des Bürgschaftsvertrages. Erklärungen der … GmbH – also eines Dritten – seien in diesem Zusammenhang ohnehin unerheblich.

Der Mietvertrag sei durch die Kündigung des Klägers gem. Schreiben vom 12.1.2001 beendet worden. Das Schreiben enthalte keine unzulässige Bedingung. Denn sog. Potestativbedingungen, bei denen der Erklärungsempfänger den Eintritt der Bedingung – wie hier den Ausgleich der Mietrückstände – in der Hand habe, seien wirksam. Auch die Regelung in § 112 Insolvenzordnung (InsO) stehe der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Denn die Hauptschuldnerin habe den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst nach der Kündigung – nämlich am 15.1.2001 – gestellt. § 112 InsO könne nicht so ausgelegt werden, dass davon auch solche Kündigungen erfasst seien, die vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen worden seien, jedoch ihre Rechtswirkungen erst danach eintreten lassen. Da die Kündigung wirksam sei, habe der Kläger keinen Anspruch auf Mietzins nach dem 12.1.2001.

Aber selbst wenn der Kläger für die Nutzung des Grundstücks nach dem 12.1.2001 noch Mietzinsen oder Nutzungsentschädigung hätte verlangen können, so habe der Kläger der Hauptschuldnerin diese Ansprüche ab dem 1.3.2001 erlassen. Das erstinstanzliche Gericht hätte über diese Frage Beweis erheben müssen. So sei zwischen einem Mitarbeiter des Insolvenzverwalters, …, und … von der Firma … GmbH, der vom Kläger zur Verhandlungen über die Nutzung des Grundstücks bevollmächtigt gewesen sei, vereinbart worden, dass die Tankstelle auf dem Grundstück fortgeführt werde und, dass der Insolvenzverwalter für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Entgelt für die Nutzung des Grundstücks entrichten müsse. Herr … sei berechtigt gewesen, den Kläger zu vertreten. Auf ausdrückliche Nachfrage des Verhandlungsführers des Beklagten hin, habe Herr … erklärt, dass er berechtigt sei, den Kläger zu vertreten und eine schriftliche Vollmacht nachreichen könne. Hintergrund sei gewesen, dass der Insolvenzverwalter festgestellt habe, dass man die Tankstelle kostendeckend weiterführen und Arbeitsplätze sichern könnte und damit gleichfalls dem Interesse des Klägers entsprochen werde, das abgelegene Tankstellengrundstück vor Vandalismus und Zerstörung zu sichern. Diese Vereinbarung habe für den Kläger auch insoweit einen Sinn gemacht, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch keinen Nachmieter gefun...

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