Leitsatz (amtlich)
Die formelhafte Wendung, dass „Tatsachen, die für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Zuwendung von Bedeutung sind, subventionserheblich im Sinne von § 264 des Strafgesetzbuches und § 2 des Subventionsgesetzes in Verbindung mit § 1 des Landessubventionsgesetzes [Berlin] sind“, reicht für die nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB erforderliche hinreichend konkrete Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen nicht aus.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 28.04.2021; Aktenzeichen (332a Cs) 244 Js 1721/20 (191/20)) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 28. April 2021 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Subventionsbetruges zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je zwölf Euro verurteilt und die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 9.000 Euro angeordnet, weil der Angeklagte zu Unrecht eine sog. Corona-Soforthilfe beantragt und erhalten habe.
1. Es hat zunächst zu den Corona-Soforthilfen folgende Feststellungen getroffen:
"Aufgrund des sog. Lockdown wegen der Corona-Pandemie wurden im März und April 2020 von Bund und Ländern sog. "Corona-Soforthilfe-Programme" aufgelegt, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Lockdowns für die Unternehmen Deutschlands zumindest abzufedern und deren wirtschaftliche Existenz zu sichern.
Für Kleinstunternehmen mit maximal 10 Beschäftigten, Soloselbständige und Freiberufler wurden aus Bundesmitteln am 27. März 2020 insgesamt 50 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die ab dem 30. März 2020 abgerufen werden konnten. Aufgrund einer zwischen dem Bund und den Ländern getroffenen Verwaltungsvereinbarung erfolgte im Land Berlin die Umsetzung des Förderprogramms durch die Investitionsbank Berlin (im Folgenden: IBB) im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe.
Mit dem Programm sollten gewerblichen Solo-Selbständigen (d.h. ohne Beschäftigte) und Kleinstunternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten mit Betriebsstätte in Berlin Zuschüsse zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt werden. Die Soforthilfe des Bundes sollte lediglich für den fortlaufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwand für die folgenden 3 bzw. 5 Monate verwendet werden.
Bei der Umsetzung des Soforthilfe-Programms wurde bewusst auf ein kompliziertes Antragsverfahren verzichtet, um eine schnelle und vor allem 'unbürokratische' Auszahlung zu gewährleisten. Ziel war es, innerhalb von maximal 3 Tagen den beantragten Zuschuss zur Verfügung zu stellen. Die Antragstellung konnte deshalb ausschließlich im digitalisierten Verfahren (online) erfolgen. Auf die Einreichung von Nachweisen wurde vor Auszahlung der Soforthilfe verzichtet. Auch erfolgte grundsätzlich keine Überprüfung der gemachten Angaben."
2. Zur Tat hat das Amtsgericht festgestellt, der Angeklagte habe am 8. April 2020 bei der IBB über das auf deren Internetseite zur Verfügung gestellte Online-Antragsformular einen Zuschuss in Höhe von 9.000 Euro beantragt. Dabei habe er bewusst wahrheitswidrig angegeben, dass der Zuschuss für die Sicherung der beruflichen bzw. betrieblichen Existenz seines am 17. Februar 2014 gegründeten Einzelunternehmens (ohne Handelsregisteranmeldung) namens "Mc" mit Sitz in der xx, seiner Wohnanschrift, aus der Branche "Handel (incl. Einzelhandel), Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen" erforderlich und die existenzbedrohliche Wirtschaftslage eine Folgewirkung des Ausbruchs von Covid-19 sei. Tatsächlich habe der Angeklagte, der lediglich am 24. Februar 2014 unter seiner vormaligen Wohnanschrift ein anderes Gewerbe ("Entrümpelungen aller Art, Transporte bis 3,5 t, Schrotthandel, Handel mit Altmetallen") angemeldet und dieses Gewerbe nie ab- oder umgemeldet habe, keine Betriebsstätte gehabt, die coronabedingt habe schließen müssen, und auch sonst keine Betriebsausgaben gehabt, sodass der beantragte Zuschuss nicht für die Sicherung der beruflichen bzw. betrieblichen Existenz infolge der Corona-Pandemie erforderlich gewesen sei.
Der von dem Angeklagten eingereichte Antrag auf Corona-Soforthilfe habe u.a. die folgenden Hinweise enthalten:
"Mit dem Soforthilfeprogramm des Bundes werden im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Zuschüsse als Billigkeitsleistung zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage gewährt, die im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 entstanden ist.
Eine existenzgefährdende Wirtschaftslage wird angenommen, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb des Antragstellers voraussichtlich nicht ausreichen, um den Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerblich...