Leitsatz (amtlich)

1. Die Rspr. des BGH zum vorläufigen Deckungsschutz in der Kaskoversicherung bei Aushändigung einer sog. Versicherungsdoppelkarte (VersR 1999, 1274 Rz. 7 f.), wonach sich dieser ohne einen ausdrücklichen und eindeutigen Hinweis auf die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die Haftpflichtversicherung auch auf die Kaskoversicherung erstreckt, wenn eine solche gewünscht war, gilt auch nach Einführung der elektronischen Versicherungsbestätigung -eVB-. Denn der Ersatz der Doppelkarte durch die eVB ist allein der Tatsache geschuldet, dass auch die Kfz-Zulassungsstellen mittlerweile elektronisch arbeiten.

2. Dies gilt auch dann, wenn der VN die eVB von einem Versicherungsmakler erhält, weil der Versicherungsvertrag bereits mit der eVB zustande kommt und der Makler insoweit also im Aufgabenkreis des VR tätig geworden und aus der Sicht des VN berechtigt ist, den VR durch deren Weitergabe rechtlich wirksam im Rahmen eines vorläufigen Deckungsvertrages zu verpflichten.

3. Dies gilt aber nicht, wenn der Versicherungsmakler vom VN schon damit betraut ist, den passenden Versicherungsschutz auszuwählen und den Versicherungsvertrag abzuschließen, weil er dann auch bei der Erteilung der eVB als Vertreter des VN gegenüber dem VN aufgetreten ist.

 

Normenkette

VVG § 49; AKB B 2.2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 12.03.2012; Aktenzeichen 44 O 199/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 44 des LG Berlin vom 12.3.2012 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, wobei der Streithelfer die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen hat.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus einem behaupteten Versicherungsvertrag mit dem Inhalt einer vorläufigen Deckung in der Kaskoversicherung die Zahlung der vereinbarten Versicherungsleistung an die Leasinggeberin wegen eines streitigen Diebstahls des von ihr geleasten Fahrzeugs.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob eine vorläufige Deckungszusage für die Kaskoversicherung von der Beklagten beziehungsweise vom Streithelfer der Klägerin in einer der Beklagten zurechenbaren Weise erteilt wurde.

Die Klägerin war Leasingnehmerin des Pkw Porsche Cayenne GTS mit dem amtlichen Kennzeichen ... Sie erhielt das Fahrzeug am 19.11.2009.

Bereits am 5.11.2009 hatte der Streithelfer, der als Versicherungsmakler bei der Firma ...Dienstleistungsagentur & ...Finanz- und Versicherungsmakler tätig ist (Bl. I/3 d.A.), mit einer Software der Beklagten, die er genutzt hat, eine elektronische Versicherungsbestätigung mit der Nummer V...bei dieser abgerufen. Mit dem eingegebenen Datensatz, der am 5.11.2009 bei der Zulassungsstelle eingegangen ist (K 3 = Bl. I/30 d.A.), ist das Fahrzeug zum Straßenverkehr zugelassen worden. Das Bestehen einer vorläufigen Deckungszusage ab diesem Zeitpunkt für die Kfz- Haftpflichtversicherung ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor dem LG - entgegen ihrem vorherigen Vortrag (Bl. I/3, 72 d.A.) - angegeben, dass die Gespräche über die Versicherung des Fahrzeuges von ihrem Ehemann mit dem Streithelfer geführt worden sein sollen (Bl. I/162 d.A.).

Der Streithelfer war zum damaligen Zeitpunkt dazu grundsätzlich befugt, auch für den Kaskobereich elektronisch mit der Software der Beklagten eine vorläufige Deckungszusage abzurufen (Bl. II/8 d.A.). Er hat am 5.11.2009 weder einen schriftlichen Antrag des Ehemannes der Klägerin auf Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung noch einen Antrag auf Abschluss einer Vollkaskoversicherung aufgenommen.

Die Beklagte teilte der Klägerin am 3.2.2010 (K 4 = Bl. 31 d.A.) mit, dass zwar bei der Beklagten die Durchschrift der Versicherungsbestätigungskarte für das Fahrzeug ...vorliege, dass sie aber den erforderlichen Antrag der Klägerin auf Abschluss einer Kraftfahrtversicherung bis heute nicht erhalten habe.

Der Streithelfer vervollständigte die Angaben in der Softwaremaske des Programms und übermittelte den Antrag an die Beklagte.

Mit Schreiben vom 9.2.2010 (K 5 = Bl. I/32 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Versicherungsschutz zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung übernehme, den Vertrag über die beantragte Vollkaskoversicherung aber nicht abschließe.

Die Parteien streiten darüber, wann und auf welchem Weg das Schreiben der Klägerin zugegangen ist. Kernpunkt des Streites ist jedoch, ob der Streithelfer bei der Beklagten auf elektronischem Weg auch eine vorläufige Deckung für die Vollkaskoversicherung beantragt hat und ob und wenn ja, welche Rückmeldung er erhalten hat.

Die Parteien streiten weiterhin darüber, ob das Verhalten des Streithelfers der Klägerin oder der Beklagte...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?