Tatbestand
› Vereinbarungen zwischen Anwälten und Nichtanwälten über die Zahlung von Provision für vermittelte Mandanten verstoßen gleichermaßen gegen ein gesetzliches Verbot wie auch gegen die guten Sitten und sind daher nichtig (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB). ...
Die [vorliegende] Provisionsvereinbarung ist schon nach ihrem Inhalt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar, wobei es auf die Gutgläubigkeit einer oder beider Parteien nicht ankommt. ... Bis zu den Entscheidungen des BVerfG vom 14.7.1987 (NJW 1988, 191 und 194 [hier: IV (485) 205 a-d, 206 a, 206 b-c] wäre die Sittenwidrigkeit allein aus § 55 der Standesrichtlinien gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 BRAGebO [herzuleiten] gewesen. Das BVerfG hat in den zitierten Entscheidungen und auch später Bedenken gegen die Heranziehung der Richtlinien des anwaltlichen Standesrechts zur Feststellung der Standeswidrigkeit erhoben; dies muß zunächst auch für die aus der Standeswidrigkeit abgeleitete Sittenwidrigkeit gelten. Gleichwohl sind auch für eine Übergangszeit bis zur anderweitigen Regelung des anwaltlichen Standesrechts die in den Standesrichtlinien enthaltenen Grundsätze insoweit zu beachten, als es um die unabdingbaren Voraussetzungen für eine geordnete Rechtspflege geht und über bloße berufsständische Belange hinaus allgemeine Interessen berührt sind.
Der Senat zählt das Verbot jedweder Provisionsvereinbarungen zwischen Anwälten und Nichtanwälten auch weiterhin zu den unverzichtbaren und unbedingten Grundsätzen für die anwaltliche Tätigkeit. [Der Abschluß einer solchen] Provisionsvereinbarung .. verstößt gegen das Bild des freien Berufes .. [und] stellt eine unzulässige Werbung um Mandate dar. Er führt auch zum Unterlaufen des Gebührenrechts, das dem Anwalt ein ausreichendes Einkommen sichern und ihn damit in der Wahrnehmung seines freien Berufes stützen soll. Durch Provisionsvereinbarungen mit Nichtanwälten gerät der Anwalt zwangsläufig in eine nicht zu billigende Abhängigkeit von dem Makler. Eine Provisionspflicht für eingenommene Honorare läßt zumindest den Verdacht aufkommen, der Anwalt sei auch von anderen Erwägungen als den Interessen des Mandaten abhängig. In diesem Sinne hat auch das BVerfG [aaO.] das aus § 43 BRAO herleitbare Verbot der gezielten Werbung .. als Kern des Werbeverbots seit jeher zu den Pflichten der freien Berufe gerechnet. Darüber hinaus ist in der Rechtspr. zum ärztlichen Bereich eine Provisionsvereinbarung für die Vermittlung von Patienten ebenfalls als sitten- und gesetzwidrig angesehen worden (vgl. .. BGH, NJW 1986, 2361). Über die bloße Standeswidrigkeit hinaus sind hier allgemeine Interessen [an] Erhaltung und Ausgestaltung der freien Berufe erheblich betroffen. ...‹
Fundstellen
NJW 1989, 2893 |
DRsp I(111)162f |
AnwBl 1988, 482 |