Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 15.11.1990; Aktenzeichen 16 O 820/90) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 15. November 1990 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin geändert:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr für Darlehen, die im Zins zeitlich begrenzt festgeschrieben sind, die jährliche prozentuale Gesamtbelastung unter Verwendung der Kennzeichnung „anf. effektiver Jahreszins” zu nennen.
- Die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Tatbestand
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu wahren, insbesondere darauf zu achten, daß die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Antragsgegnerin warb am 25. August 1990 in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung” mit folgender, in Ablichtung wiedergegebener Anzeige:
Der Antragsteller hat darin einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 PAngV gesehen, weil die Antragsgegnerin nicht mit der im Gesetz vor geschriebenen Kennzeichnung „anfänglicher effektiver Jahreszins” geworben habe. Diese Kennzeichnung sei deshalb vorgeschrieben, weil es sich um einen im Zins zeitlich begrenzt festgeschriebenen Kredit handele. Sowohl die fehlende Angabe als auch die Nichtangabe der Kennzeichnung werde in § 8 Abs. 2 Ziff. 3 PAngV als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Die von der Antragsgegnerin verwendete Abkürzung „auf.” sei mehrdeutig und unvollständig. Die Antragsgegnerin habe auch gegen § 1 UWG verstoßen. Denn durch die Nichtverwendung der vorgeschriebenen Kennzeichnung habe sie bewußt und planmäßig gegen die Preisangabenverordnung verstoßen und sich einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Der Antragsteller hat beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für Darlehen, die im Zins zeitlich begrenzt festgeschrieben sind, die jährliche prozentuale Gesamtbelastung unter Verwendung der Kennzeichnung „anf. effektiver Jahreszins” zu nennen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Antragsteller fehle die zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche erforderliche Antragsbefugnis im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, denn er verfüge nicht über ausreichend sachliche und personelle Mittel, um seine Aufgaben wahrzunehmen. Sie hat behauptet, die „WAZ” werde in Berlin überhaupt nicht vertrieben, insbesondere nicht der Anzeigenteil der Ausgabe vom 25. August 1990, in dem die beanstandete Anzeige erschienen sei. Sie ist ferner der Ansicht gewesen, die beanstandete Werbung stelle keinen Wettbewerbsverstoß dar. Bei der Verwendung der Abkürzung „anf.” sei kein Mißverständnis möglich.
Durch das am 15. November 1990 verkündete Urteil hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Sie hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin bejaht, den Antragsteller als Antragsberechtigten angesehen, jedoch einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 PAngV verneint, weil von den angesprochenen Verkehrskreisen die Abkürzung „anf. effektiver Jahreszins” als „anfänglicher” und nicht als „anfallender” Jahreszins verstanden werde. Darüber hinaus habe der Bundesgerichtshof in dem von ihm zu entscheidenden Fall (GRUR 1989, 59) die von dem Landgericht getroffene Feststellung, daß „anf. effekt. Jahreszins” von dem Verkehr ohne weiteres als Synonym der Bezeichnung „anfänglicher effektiver Jahreszins” verstanden und mit dieser gleichgesetzt werde, weder als erfahrungswidrig noch als rechtsfehlerhaft bezeichnet. Abgesehen davon würden die angesprochenen Verkehrskreise über die Gesamtbelastung informiert, unabhängig davon, ob sie „anf.” als Abkürzung für „anfallenden” oder als „anfänglichen” effektiven Jahreszins ansähen.
Gegen dieses ihm am 6. Dezember 1990 zugestellte Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner am 17. Dezember 1990 eingelegten und am 7. Januar 1991 begründeten Berufung.
Er widerspricht der vom Landgericht vertretenen Auffassung Er weist darauf hin, daß derjenige, der sich im Bereich der PAngV nicht auskenne, erst darauf hingewiesen werden müsse, daß der anfängliche effektive Jahreszins ein solcher Zins sei, bei dem deutlich werde, daß der in dem Vertrag genannten Zins nur in den ersten Jahren der Finanzierung gefordert werde, jedoch werde danach ein anderer, zumeist höherer Zinssatz anfallen. Der anfallende effektive Jahreszins beinhalte diese zeitlich einschränkende Komponente nicht.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin unter Abänderung des angefochtenen Urteils...