Leitsatz (amtlich)
Die Klausel: "Gegenüber Forderungen des Mieters an die Vermieterin aus diesem Vertrag kann der Mieter keine Aufrechnung oder Zurückbehaltungsrechte geltend machen. Macht ein Mieter Minderungsrechte geltend, so ist er verpflichtet, den Betrag auf ein Notaranderkonto oder bei der Vermieterin zu hinterlegen." ist wirksam und verstößt nicht gegen § 307 BGB.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 29.08.2012; Aktenzeichen 29 O 616/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29.8.2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des LG Berlin abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 21.411,42 EUR nebst Zinsen i.H.v. jeweils 1 % monatlich aus 769,18 EUR seit dem 8.11.2010, aus 1.263,78 EUR seit dem 6.12.2010, aus jeweils 6.318,90 EUR seit dem 6.9.2011, seit dem 6.10.2011 und dem 6.1.2012 sowie 421,76 EUR seit dem 6.12.2011 zu zahlen, davon 2.142 EUR nur Zug um Zug gegen Erstellung der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2009 und 2011.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 20 % und der Beklagte zu 80 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 % zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des LG ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit die Berufung zurückgewiesen wird.
Gründe
Berufung
Die Berufung der Klägerin hat nur Erfolg, soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung wendet.
Der Urteilstenor ist insoweit abzuändern, als er lediglich eine teilweise Verurteilung, nicht aber die entsprechende teilweise Abweisung der Klage ausspricht.
In jeder Hinsicht zutreffend hat das LG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Beklage die Miete für Oktober 2010 i.H.v. 495,20 EUR überzahlt hat, weil sie in dieser Höhe gem. § 536 Abs. 1 BGB gemindert war. Der Klägerin ist nicht zu folgen, soweit sie in der Berufungsbegründung ausführt, dass der Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2010 auf eine Minderung verzichtet habe.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 26.10.2010 (Anlage B3) eine Mietminderung mit der Begründung geltend gemacht, dass das ganze Geschäft für den Verkehr nicht mehr erkennbar sei, weil das Gerüst vollständig mit weißer undurchsichtiger Schutzfolie bedeckt worden ist und dadurch die Werbebanner über den Schaufenstern und die gesamte ca. 30 Meter breite Schaufensterfront des Geschäfts vollständig verdeckt worden sei. Zugleich hat er darum gebeten, die Verkleidung ändern zu lassen, "dass Werbung und Schaufenster des Geschäfts wieder sichtbar sind". Unstreitig hat die Klägerin lediglich zwei der drei Werbetafeln auf der Plane angebracht. Die Schaufensterfront wurde nicht sichtbar gemacht. Allein der Umstand aber, dass der ungetrübte Blick auf die Schaufensterauslage, vorliegend eine ca. 20 m lange Ladenfront nicht gewährt wurde, rechtfertigt aber die vom LG in dem angefochtenen Urteil ausgeurteilte Minderung des Mietzinses.
Ebenfalls zutreffend hat das LG in der angefochtenen Entscheidung auch ausgeführt, dass die Klägerin für den Monat April 2011 keine Mietzinszahlung mehr beanspruchen kann, da diese Forderung durch die unstreitig am 30.5.2011 in entsprechender Höhe erfolgte Leistung erloschen ist. Wenn ein Mieter - wie hier - bei Überweisung einer Mietzahlung keine Leistungsbestimmung vornimmt, wird nach § 366 Abs. 2 BGB die älteste Mietschuld getilgt (OLG Düsseldorf, WuM 2000, 209; OLG Düsseldorf, GuT 2011, 154; BGH, NZM 2002, 20). Der Mietzins für den Monat Mai 2011, den der Beklagte demnach nicht beglichen hat, ist von der Klägerin nicht rechtshängig gemacht worden.
Die in § 14 des Mietvertrages enthaltene Klausel, wonach die Vermieterin bestimmt, auf welche Verbindlichkeiten die Teilzahlung angerechnet werden soll, wenn der Mieter Teilzahlungen auf fällige Verbindlichkeiten leistet, ist gem. § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam(Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 366 Rz. 8; BGH NJW 1999, 2043).
Anschlussberufung
Die Anschlussberufung des Beklagten ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das LG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Mietzins für die Monate 11/10, 12/10, 12/11 und 1/12 nicht gem. § 536 BGB gemindert war. Einer Minderung des Mietzinses steht jedenfalls § 15 Satz 2 des Mietvertrages entgegen.
Die Regelung in § 15 Satz 2 des Mietvertrages ist - wie der Senat bereits mit Urt. v. 29.11.2012 - 8 U 251/11 - ausgeführt hat - wirksam und verstößt nicht gegen § 307 BGB. Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, n...