Leitsatz (amtlich)
1. In einem laufenden Geschäftsbesorgungsvertrag hat der Auftragnehmer ihm übergebene oder erlangte Verwaltungsunterlagen auf Weisung des Auftraggebers gem. §§ 675, 665 BGB jederzeit herauszugeben. Der Geschäftsbesorger schuldet die Herausgabe unabhängig davon, ob er sie für zweckmäßig oder interessensgerecht hält.
2. Die Fälligkeit eines Anspruchs aus §§ 675, 667 BGB richtet sich nach den getroffenen Vereinbarungen. Fehlt es daran, richtet sich die Fälligkeit nach den Umständen, § 271 Abs. 1 2. Fall BGB. In der Regel kann der Auftraggeber danach grundsätzlich jederzeit Herausgabe verlangen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 23.06.2006; Aktenzeichen 35 O 147/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.6.2006 verkündete Urteil des LG Berlin - 35 O 147/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(auf Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet)
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das LG hat die Beklagte unter Berücksichtigung der weiteren Gesellschafterbeschlüsse vom 28.6.2006 im Ergebnis zu Recht verpflichtet, im Wege der einstweiligen Verfügung an den zuständigen Gerichtsvollzieher sämtliche Verwaltungsunterlagen und Datenträger der Klägerin herauszugeben.
I. Der Verfügungsanspruch auf Herausgabe findet seine Grundlage in §§ 675 Abs. 1, 667, 665 BGB i.V.m. dem die Parteien verbindenden Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Beklagte ist danach verpflichtet, der Klägerin alles, was sie zur Ausführung der Geschäftsbesorgung erhalten und erlangt hat, herauszugeben. Zur Begründung verweist der Senat im Wesentlichen auf die sorgfältige und klar begründete erstinstanzliche Entscheidung. Der abstrakte Herausgabeanspruch der Klägerin aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB i.V.m. dem die Parteien verbindenden Geschäftsbesorgungsvertrag ist unstreitig. Im Ergebnis offen bleiben kann, ob die Bestellung der Beklagten beendet ist.
1. Nimmt man nämlich den rechtlichen Standpunkt der Beklagten ein und vertritt also mit ihr die Ansicht, dass ihr Geschäftsbesorgungsvertrag nicht wirksam aufgehoben wurde, folgt der Herausgabeanspruch der Klägerin vornehmlich aus ihrem Weisungsrecht aus §§ 675, 665 BGB.
a) Die Klägerin hat die Beklagte bei dieser Sichtweise in einem laufenden Vertragsverhältnis unmissverständlich und mehrfach angewiesen, ihr ihre Verwaltungsunterlagen auszuhändigen. Die Beklagte ist - wie jeder andere Auftragnehmer auch - gem. § 665 BGB an Weisungen ihres Auftraggebers gebunden. Der Auftragnehmer muss - sofern es wie hier gewünscht wird und die Gründe des § 665 Satz 1 BGB nicht vorliegen - jegliche Weisungen erfüllen und z.B. Unterlagen des Auftraggebers herausgeben. Die Bindung des Beauftragten an eine wirksame Weisung besteht dabei unabhängig davon, ob der Beauftragte sie für zweckmäßig oder interessensgerecht hält (BGH v. 29.5.1978 - II ZR 89/76, BGHZ 75, 120 = NJW 1978, 1852 [Herstatt-Urteil]).
Ob die Beklagte die Bestellung der S.IPM GmbH für unwirksam oder ihre Leistungen für angreifbar hält, spielt daher keine Rolle. Nachteile drohen der Beklagten bei Erfüllung der Weisung nicht. Soweit der Auftragnehmer nach einer Weisung nicht mehr in der Lage ist, seinen Auftrag - ggf. vorübergehend - zu erfüllen, liegt das in der Sphäre des Auftraggebers.
Die Beklagte macht im Übrigen keine rechtlich schützenswerten Gründe i.S.v. § 665 Satz 1 BGB geltend, die es ihr ausnahmsweise gestatten würden, sich dem Willen der Geschäftsherrin entgegenzustellen. Es ist nicht ansatzweise zu erkennen, welches Interesse die Beklagte daran haben könnte, im laufenden Vertrag die Verwaltungsunterlagen gegen eine Weisung der Klägerin zurückzuhalten.
b) aa) Die Klägerin hat die Beklagte auch wirksam zur Herausgabe angewiesen. In diesem Zusammenhang muss nicht aufgeklärt werden, ob der vom Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. von W. am 28.6.2006 festgestellte Beschluss zu Nr. 3 (Aufforderung zur Herausgabe der Fondsunterlagen) jedenfalls unter einem formellen Beschlussmangel leidet, weil die S. IPM GmbH ggf. zu Unrecht am Beschlussverfahren beteiligt war - und es also an einer Aufforderung zur Herausgabe letztlich fehlt (ein materieller Beschlussmangel wird weder geltend gemacht noch ist er zu erkennen). Denn die Klägerin hat ihren Herausgabewunsch jedenfalls in diesem Verfahren mehrfach wiederholt.
bb) Im Übrigen leidet der "Herausgabebeschluss" nach Ansicht des Senats aber auch unter keinem formellen Beschlussmangel.
(1) Für sein formelles Zustandekommen notwendig, aber auch ausreichend war zunächst, dass - wie hier - die schriftliche Beschlussfassung von 10 % der Gesellschafterstimmen verlangt und das Beschlussverfahren von diesen Gesellschaftern ausgelöst worden war. Der für die Feststellung der schriftlichen Beschlussfassung beauftragte Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. von W. hat in seinem Protokoll vom 28.6.2006 bestätigt, dass ihm die Aufforderungen von "20 Gesellschaftern vor[lagen], die zusammen mehr als...