Leitsatz (amtlich)
1. Es besteht keine Nachschusspflicht der Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sofern in dem Gesellschaftsvertrag keine Nachschusspflicht abweichend von § 707 BGB vereinbart ist. Eine solche Vereinbarung ist nur dann wirksam getroffen, wenn sie die Höhe der über die Gesellschaftereinlage hinausgehenden Zahlungsverpflichtungen in objektiv bestimmbarer, künftigen Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragender Weise festlegt.
2. Beschlüsse der Gesellschafter vermögen eine solche Zahlungspflicht nur dann zu begründen, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Dies wiederum ist nur dann wirksam möglich, wenn Ausmaß und Umfang der Belastung der einzelnen Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages bereits erkennbar sind.
3. Ist dies nicht der Fall, ist der Gesellschafter zum Nachschuss nur dann verpflichtet, wenn dies ausnahmsweise im Gesellschaftsinteresse geboten ist und die schutzwürdigen Belange des Gesellschafters dem nicht entgegen stehen.
4. Alleine aus dem Umstand, dass der betroffene Gesellschafter dem Beschluss über die Nachschusspflicht zugestimmt hat, ergibt sich keine Zahlungsverpflichtung.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 06.12.2005; Aktenzeichen 19 O 102/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.12.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des LG Berlin geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten beider Instanzen haben die Klägerin 28 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 72 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagten sind der 1997 gegründeten Klägerin als Gesellschafter beigetreten. In § 4 des Gesellschaftsvertrages, wegen dessen Inhalt im Übrigen auf die Anlage 2 zur Klageschrift verwiesen wird, heißt es u.a.:
" (1) Das Eigenkapital wird auf insgesamt 4.515.000 DM (...) festgesetzt. (...) Die Erhöhung des Eigenkapitals ist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig, sofern bei Überschreitung der Herstellungskosten für das gesellschaftseigene Bauvorhaben aus von der Geschäftsführung nicht zu vertretenden Gründen, Eigengelder so weit zu erhöhen sind, wie es die Beendigung des Bauvorhabens erforderlich macht. (...).
(6) Neben dem in Abs. 1 bezeichneten Eigenkapital, das ca. 35 % der für die Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesamtmittel ausmachen wird, nimmt die Gesellschaft durch sämtliche Mitgesellschafter -entsprechend der Gesellschaftereinlagen zueinander- Fremdmittel auf, um die Investitionen dem Gesellschaftszweck entsprechend durchführen zu können. Dabei sollen die Gesamtkosten bis zur vollständigen Durchführung des Bauvorhabens 12.900.000 DM (...) nicht überschreiten. Werden der Gesellschaft Darlehen von Gesellschaftern gewährt, sind dies Fremdmittel in Sinne dieses Absatzes."
§ 9 Abs. 3 bestimmt u.a.:
Der Zins- und Tilgungsdienst des Grundschulddarlehens wird über die Gesellschaft abgewickelt. Die anfallenden Beträge werden von der Gesellschaft aus ihr zufließenden Miet- und sonstigen Einnahmen nach Abzug der für die Gesellschaft entstehenden Aufwendungen, wie z.B. Bewirtschaftungskosten des Hauses und Kosten der Gesellschaft, gezahlt. Sofern der erwirtschaftete Überschuss nicht für die Bedienung der Darlehen ausreicht, sind die Gesellschafter verpflichtet, anteilig Einzahlungen aufzubringen. Die zu leistenden Einzahlungen werden den Gesellschaftern vierteljährlich zur Zahlung aufgegeben. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung ist jeder Gesellschafter verpflichtet, Verzugszinsen zu zahlen, die mit 1,0 % pro Monat festgelegt werden.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Nachschussbeträgen. Die Beklagten begehren widerklagend die Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz für 2004.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im ersten Rechtszug wird auf das am 6.12.2005 verkündete Urteil des LG Berlin Bezug genommen.
Das LG hat der Klage auf Zahlung von Nachschussbeträgen stattgegeben. Es hat dabei dahingestellt sein lassen, ob die Beklagten ihre Beitrittserklärung gem. § 123 BGB anfechten konnten, da nach den anzuwendenden Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft der Beitritt nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar sei. Auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung stehe den Beklagten nicht zu, da die Gründe, auf die sie ihre Kündigung stützen bereits 5 Jahre vor der Kündigungserklärung bekannt wurden und somit die Kündigung nicht nach einer angemessenen Bedenkzeit erklärt worden sei. Der Beitritt sei nicht gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 RberG nichtig, da sich die Unwirksamkeit des Treuhandvertrages nicht auf...