Leitsatz (amtlich)
Zur Wahrung der Ausschlussfrist aus § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG bedarf es einer den Anforderungen des § 253 ZPO genügenden ordnungsgemäßen Klageerhebung.
Zu der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Angabe des Gegenstandes und Grundes des erhobenen Anspruchs reicht eine pauschale Bezugnahme auf Behördenakten (hier: Akten des Betragsverfahrens) jedenfalls dann nicht aus, wenn ein nur der Höhe nach, nicht aber inhaltlich näher bezeichneter Teil der im behördlichen Verfahren geltend gemachten Ansprüche im Klageverfahren weiterverfolgt wird. Eine nach Ablauf der Ausschlussfrist aus § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG vorgenommene nachträgliche inhaltliche Bezeichnung der in Klageverfahren nur teilweise weiterverfolgten Ansprüche aus dem Betragsverfahren entfaltet keine Rückwirkung und heilt die Versäumung der Ausschlussfrist nicht.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 30.10.2014; Aktenzeichen 86 O 137/14) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Berlin vom 30.10.2014 - 86 O 137/14 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil sowie das Urteil des Senats sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verfolgt gegen den Beklagten Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger die Klagefrist aus § 13 StrEG nicht gewahrt habe. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die schon erstinstanzlich geltend gemachte Hauptforderung nebst Zinsen weiter und beantragt,
das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an ihn 33.280,27 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.2.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen. Zutreffend hat es festgestellt, dass die Klageschrift vom 15.4.2014 nicht geeignet war, die mit dem 22.4.2014 ablaufende Klagefrist aus § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG zu wahren, weil der Kläger in ihr den geltend gemachten Anspruch nicht in einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise hinreichend bestimmt benannt hat. Eine nach Verstreichen der Ausschlussfrist aus § 13 Abs. 1 Satz 2 StrEG hier erst durch die Klagebegründung vom 28.4.2014 ordnungsgemäß erhobene Klage ist, wie das LG ebenfalls richtig erkannt hat, unzulässig.
1. Der Kläger rügt zu Unrecht, dass das LG die Klageschrift für nicht hinreichend bestimmt gehalten habe.
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Dafür ist nicht erforderlich, dass der maßgebende Lebenssachverhalt bereits vollständig beschrieben ist oder der Klageanspruch schlüssig oder substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es - entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Schuldner den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen - im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist, wobei die gebotene Individualisierung der Klagegründe grundsätzlich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf andere Schriftstücke erfolgen kann (BGH, Urt. v. 17.7.2003 - I ZR 295/00 -, juris Rz. 16; Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 253 ZPO Rz. 12a m.w.N.). Allerdings genügt es nicht, wenn auf umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute verwiesen wird, die erst durchgearbeitet werden müssten, um die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren (BGH, ebd.), oder wenn auf der Klageschrift nicht beigefügte Anträge und Schriftsätze in anderen Verfahren verwiesen wird (BGH, Urt. v. 29.11.1956 - III ZR 235/55 - BGHZ 22, 254, 255 f.).
b) Vorliegend enthielt die Klageschrift vom 15.4.2014 zwar einen bestimmten Antrag, nicht aber eine bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs; beides wurde vielmehr erst mit der Klagebegründung vom 28.4.2014 benannt.
aa) Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen genügt die Bezugnahme des Klägers auf Akten des bei dem Beklagten geführten Betragsverfahrens schon für sich genommen nicht, um den geltend gemachten Anspruch hinreichend zu individualisieren. Denn die Individualisierung wäre jedenfalls hier, wo der Kläger nur einen Teil der in dem Betragsverfahren geltend gemachten Forderungen weiter verfolgt, nur nach Durcharbeitung der Akten des Beklagten möglich, die der Kläger nicht einmal auszugsweise in Kopie seiner Klageschrift beigefügt hatte. Darin liegt keine bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes ...