Leitsatz (amtlich)

Für die Erfüllung der im Gesellschaftsvertrag bzw. bei der Kapitalerhöhung übernommenen Einlageverpflichtungen trägt der Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast nach allgemeinen Grundsätzen. Wenn er die Erfüllung der gesetzlichen Mindesteinlageanforderungen vorträgt, ist der Insolvenzverwalter bei zeitbedingter Darlegungsschwierigkeit (hier: nach mehr als zwanzig Jahren) wegen der Details der Einzahlungen bzw. der Sacheinbringung nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast verpflichtet, zumindest Anhaltspunkte aufzuzeigen, aus denen auf tatsächlich fehlende Einlageleistungen geschlossen werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.01.2003; Aktenzeichen 23 O 306/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.1.2003 verkündete Urteil des LG Berlin - 23 O 306/02 - teilweise abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.669,38 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7.8.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt 61 %, der Beklagte trägt 39 % der Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger als Insolvenzverwalter verlangt vom Beklagten als Gesellschafter der ... GmbH (künftig: Gemeinschuldnerin) Zahlung der Stammeinlagen in Höhe der von ihm nach Anteilsübertragungen zuletzt gehaltenen GmbH-Anteile von insgesamt 38.000 DM = 19.429,09 Euro. Von weiterer Darstellung des Sachverhalts wird gem. den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht. Die Zivilprozessreform hat gem. § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2-4 ZPO n.F. keine qualitative Erhöhung der Zulässigkeitsvoraussetzungen ggü. dem früheren Rechtszustand bewirkt. Eher ist das Gegenteil der Fall (BGH v. 28.5.2003 - XII ZB 165/02, MDR 2003, 1192 = BGHReport 2003, 968 = NJW 2003, 2531 [2532]; vgl. auch v. 26.6.2003 - III ZB 71/02, MDR 2003, 1246 = BGHReport 2003, 1031 = NJW 2003, 2532 [2533]; NJW 2003, 1580). Schon gem. den Anforderungen des alten Zivilprozessrechts hat der Kläger die erstinstanzliche Urteilsbegründung hier aber nicht nur einfach als falsch gerügt, er hat hinreichend deutlich gemacht, dass er die Entscheidung jedenfalls aus Rechtsgründen für unzutreffend hält, weil er meint, das LG habe die Anforderungen an das substanziierte Bestreiten des Erfüllungseinwandes des Beklagten hier aus fehlerhaften Billigkeitserwägungen heraus überspannt.

In der Sache ist die Klage teilweise begründet aus § 19 Abs. 1 i.H.v. 14.250 DM wegen des Gründungsanteils des Beklagten von 19.000 DM und aus § 16 Abs. 3 GmbHG i.H.v. 750 DM wegen des vom Beklagten später erworbenen Anteils von 1.000 DM, zusammen also i.H.v. 7.669,38 Euro.

Nach den vorgelegten Anteilsabtretungsurkunden hatte der Beklagte zunächst Anteile von 19.000 DM und 30.000 DM.

Soweit es insofern um die von dem Beklagten behauptete Zahlung von 4,750 DM auf den Gründungsanteil von 19.000 DM am 31.8.1979 und um die Sacheinlage im Wert von 30.000 DM aus der entsprechenden Kapitalerhöhung des Jahres 1980 geht, liegen im Ergebnis Rechtsfehler oder unrichtige bzw. unvollständige Tatsachenfeststellungen des LG nicht vor, so dass von der Erfüllung der Einlageverpflichtung in diesem Umfang auszugehen ist.

Für die Erfüllung der im Gesellschaftsvertrag bzw. bei der Kapitalerhöhung übernommenen Einlageverpflichtungen trägt der Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast (BGH v. 22.6.1992 - II ZR 30/91, GmbHR 1992, 601 = MDR 1992, 1136 = NJW 1992, 2698; OLG Dresden Urt. v. 8.5.2000, Juris Nr. KORE543472000; v. 18.2.2002 - II ZR 358/99, NJW-RR 2002, 822; OLG Koblenz NJW-RR 2002, 821). Im vorliegenden Fall sind seit den behaupteten Erfüllungsleistungen mehr als zwanzig Jahre vergangen. Ob allein wegen dieses Zeitablaufs und wegen der insoweit wahrscheinlichen Beweismittelverluste die grundsätzliche Darlegungslast des in Anspruch genommenen Gesellschafters aus "Billigkeitsgründen" nur noch eingeschränkt gilt, braucht nicht entschieden zu werden.

Denn nach der Rechtsprechung des BGH gelten für den vom Gesellschafter zu führenden Beweis, dass er seine Einlage erbracht hat, jedenfalls die allgemeinen Darlegungs- und Beweisgrundsätze (BGH v. 22.6.1992 - II ZR 30/91, GmbHR 1992, 601 = MDR 1992, 1136 = NJW 1992, 2698). Bei den beiden hier zu erörternden Einlageleistungen trägt der Beklagte nun aus rechtlicher Sicht gesehen nur vor, dass er die gesetzlich vorgegebenen Anforderungen an die Stammeinlageleistung erfüllt hat. Es handelte sich also nicht um Leistungen auf spätere individuelle Anforderungen der Gesellschaft oder um freiwillige "Mehrleistungen" im Gründungs- bzw. Kapitalerhöhungsstadium. Denn mit der vorgetragenen Zahlung der 4.750 DM nach der Gründung der Gesellschaft hat der Beklagte den damals geltenden gesetzlichen Mindesteinzahlungsanforderungen von einem Viertel der Stammeinlage vor dem In-Kraft-Treten der GmbH-Novelle vom 4.7.1980 entsprochen. E...

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