Normenkette
BGB § 392 2. Alt
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 23 O 95/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.10.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 23 des LG geändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 Euro nicht.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen. Insoweit wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Beide Parteien und auch die landgerichtliche Entscheidung gehen zutreffend davon aus, dass § 392 BGB die Norm ist, nach der sich die Berechtigung des von der Klägerin mit der Klage verfolgten Begehrens und umgekehrt die Berechtigung einer von der Beklagten aus dem vollstreckbaren Vergleich im Verfahren des Kammergerichts zum Aktenzeichen 15 U 4343/99 betriebenen Zwangsvollstreckung ergibt.
Unproblematisch und in rechtlicher Hinsicht auch zwischen den Parteien nicht in der Diskussion ist, dass der Kostenerstattungsanspruch mit der Rechtshängigkeit als aufschiebend bedingter Anspruch entsteht (MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., vor § 91 Rz. 5), dass er im Falle einer Entscheidung durch Urteil mit dem Kostenausspruch sich gleichzeitig in einen auflösend bedingten Anspruch umwandelt, wobei als Bedingung eine durch eine höhere Instanz erfolgte Aufhebung der Kostengrundentscheidung anzusehen ist. Mit Eintritt der Rechtskraft wird aus dem bedingten ein unbedingter Kostenerstattungsanspruch. Der Kostengrundentscheidung eines Urteils steht die Kostenregelung eines Prozessvergleiches gleich (MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., vor § 91 Rz. 5). Bei Widerrufsvergleichen wird daher mit Ablauf der Widerrufsfrist aus dem bedingten ein unbedingter Kostenerstattungsanspruch. Gegenüber und mit einem derartigen unbedingten Kostenerstattungsanspruch kann, wie auch das LG zutreffend ausführt, schon vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses aufgerechnet werden (MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., vor § 91 Rz. 7).
Zutreffend führt die landgerichtliche Entscheidung des Weiteren aus, dass danach die Klägerin den Kostenerstattungsanspruch aus dem Verfahren unter dem Aktenzeichen des KG 15 U 4343/99 bereits vor der Beschlagnahme der in jenem Rechtsstreit geltend gemachten Schadensersatzforderung durch das Finanzamt am 29.4.1999 i.S.d. § 392 1. Alt. BGB erworben hat, weil bereits mit Rechtshängigkeit der Kostenerstattungsanspruch als aufschiebend bedingter Anspruch entstanden ist. Damit steht der Aufrechnung nicht die Regelung des § 392 1. Alt. BGB entgegen.
Nicht geteilt werden kann jedoch die Auffassung des LG, auch die 2. Alt. von § 392 BGB schließe eine Aufrechnung nicht aus. Nach dieser Bestimmung ist eine Aufrechnung auch dann ausgeschlossen, wenn die Forderung, hier also der Kostenerstattungsanspruch, erst nach der Beschlagnahme und später als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden ist. Die Voraussetzung eines Eingreifens dieser Regelung ist erfüllt.
Von beiden Parteien wird nicht verkannt, dass es maßgeblich darauf ankommt, welche materielle Wirkung von dem vor dem KG abgeschlossenen Vergleich ausgeht. Es ist die Frage zu beantworten, ob mit diesem Vergleich, wie es das LG angenommen hat, im Wege der sog. Umschaffung oder Novation eine eigenständige neue Rechtsgrundlage geschaffen worden ist, die nicht nur ein Zurückgreifen auf den Vertrag nicht mehr erlaubt, sondern die völlig losgelöst hiervon als eigenständiger Schuldgrund anzusehen ist, oder ob durch den Vergleich lediglich die Höhe des von der Klägerin jenen Verfahrens, also der hiesigen Beklagten, verfolgten Schadensersatzanspruchs betroffen ist. Ordnen die Parteien ihr in einem anhängigen Rechtsstreit streitiges Rechtsverhältnis im Vergleichswege neu, so ist zu unterscheiden, ob ein anderer Lebenssachverhalt und Klagegrund vorliegen, weil die Beteiligten unter Aufhebung des alten Schuldverhältnisses ein neues vereinbaren (Novation) und hierdurch ihre beiderseitigen Forderungen ohne Rücksicht auf die früheren Streitigkeiten auf eine völlig neue Grundlage stellen, oder ob nur eine die Identität des ursprünglichen Schuldverhältnisses wahrende Modifikation des Streitverhältnisses, bei der aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger seinen ursprünglichen Anspruch ebenfalls hergeleitet hat, nunmehr mit dem Vergleichsschluss als unselbstständigem Element er seinen – modifizierten – in den Vergleich eingegangenen Klageanspruch begründet (BGH v. 7.3.2002 – III ZR 73/01, LM ZPO § 261 Nr. 19 (7/2002) = MDR 2002, 839 = NJW 2002, 1503).
Nach der st. Rspr. des BGH hat ein Vergleich i.d.R. keine schuldumschaffende Wirkung. Durch einen Vergleich wird das ursprüngliche Schuldverhältnis nicht etwa in der Weise umgestaltet, dass die alte Forderung untergeht und eine neue Forderung an ihre Stelle tritt. Vielmehr besteht grundsätzlich das alte Rechtsverhältnis unverändert fort, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren (BGH v. 7.3.2002 – III ZR 73/01, LM ...