Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 04.09.2002; Aktenzeichen 32 O 547/01) |
Tenor
1. Auf die Berufungen des Klägers werden die am 4.9.2002 und 22.1.2003 verkündeten Urteile der Zivilkammer 32 des LG Berlin – 32 O 547/01 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.112,92 Euro nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskont-Überleitungsgesetz seit dem 6.7.2001 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/5 und die Beklagte 3/5 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Urteile des LG vom 4.9.2002 und 22.1.2003, durch die der von ihm geltend gemachte Mietzinsanspruch für die Monate April bis Juli 2001 i.H.v. 32.000 DM abgewiesen und der Widerklage auf Auszahlung der Kaution i.H.v. 20.000 DM stattgegeben worden ist.
Der Kläger hält die Beweiswürdigung des LG für unzutreffend und meint, dass eine Anfechtung des Mietvertrages vom 10.4.2001 wegen einer im Zusammenhang mit dem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 17.4.2001 begangenen arglistigen Täuschung durch Nichtaufklärung über die Steuerschulden der Gesellschaft nicht in Betracht komme. Da der Mietvertrag erst durch seine fristlose Kündigung vom 19.7.2001 beendet worden sei, schulde ihm die Beklagte bis zum Ablauf des Monats Juli 2001 Mietzins.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit wegen der im Mietzins enthaltenen Nebenkosten i.H.v. (4 × 500 DM=) 2.000 DM übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.7.2003 die Aufrechnung mit dem Mietzinsanspruch für die Monate April und Mai 2001 sowie anteilig Juni 2001 ggü. dem mit der Widerklage geltend gemachten Kautionsrückzahlungsanspruch i.H.v. 20.000 DM erklärt.
Der Kläger beantragt nunmehr, unter Abänderung der landgerichtlichen Urteile
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.112,92 Euro nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontüberleitungsgesetz seit dem 6.7.2001 zu zahlen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen. die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend und meint, dass die Kaution zu verzinsen und eine Aufrechnung durch den Kläger nicht zulässig sei, weil dieser schon längst über die Kaution hätte abrechnen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die zulässigen Berufungen des Klägers führen zur Abänderung der landgerichtlichen Urteile in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
1. Mietzins
Der Kläger konnte von der Beklagten nach § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 des Mietvertrages vom 10.4.2001 für die Zeit von April bis Juli 2001 Mietzins i.H.v. 32.000 DM verlangen.
Der Mietvertrag ist durch die von der Beklagten im Schriftsatz vom 24.12.2001 erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht als von Anfang an nichtig anzusehen. Zwar ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem LG davon auszugehen, dass der Kläger der beklagten vor Abschluss des Geschäftsanteilsübertragungsvertrags vom 17.4.2001 das Vorhandensein von Steuerschulden verschwiegen hat, wobei es sich – je nachdem, ob man der Aussage des Zeugen D. oder der des Zeugen K. folgt – um rückständige Vergnügungssteuern i.H.v. rund 59.000 DM oder um allgemeine Steuern der GmbH i.H.v. rund 33.000 DM handelte.
Zur – unaufgeforderten – Aufklärung war der Kläger verpflichtet, da das Vorhandensein von Steuerschulden ein Anzeichen von Zahlungsunfähigkeit und für die Entscheidung über den Erwerb der Gesellschaft von ausschlaggebender Bedeutung ist (BGH NJW-RR 1406 [1407] l.Sp.). Insoweit wäre die Beklagte möglicherweise zur Anfechtung des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages vom 17.4.2001 nach § 123 Abs. 1 BGB berechtigt gewesen. Dessen sodann aus § 142 Abs. 1 BGB folgende Nichtigkeit hätte nach § 139 BGB die Nichtigkeit auch des Mietvertrages zur Folge gehabt, wenn es sich bei den beiden Verträgen trotz unterschiedlicher Form und unterschiedlichen Abschlusszeitpunkten um ein einheitliches Rechtsgeschäft dergestalt gehandelt hätte, dass beide Verträge „miteinander stehen und fallen” sollten. So liegt der Fall aber hier gerade nicht: die Beklagte hat den Geschäftsanteilsübertragungsvertrag nicht angefochten, so dass gerade das „vernichtbare” Rechtsgeschäft fortbesteht. Die Anfechtung des Mietvertrages ging demgegenüber ins Leere, da insoweit schon keine Täuschungshandlung des Klägers über den Mietgegenstand vorliegt. Daher ist das Mietverhältnis erst durch die fristlose Kündigung des Klägers vom 19.7.2001 beendet worden mit der Folge, dass der Mietzinsanspruch für die Zeit von April bis Juli 2001 i.H.v. 32.000 DM bestanden hat. Dieser beschränkt sich...