Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 14.05.1993; Aktenzeichen 15 O 301/93)

 

Tenor

  • Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 14. Mai 1993 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin – teilweise – geändert:

    Die von der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin am 6. April 1993 (im Beschluß irrig mit 1994 angegeben) erlassene einstweilige Verfügung wird zu Ziffer 1. a) aa) aufgehoben und der auf ihren Erlaß gerichtete Antrag zurückgewiesen.

  • Im übrigen wird die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen – im Hinblick auf die erste Instanz ebenfalls unter teilweiser Änderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 14. Mai 1993 – der Antragsteller 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mit freiverkäuflichen Arzneimitteln.

Die Antragsgegnerin vertreibt ein aus Baldrianwurzel und Johanniskraut gewonnenes pflanzliches Beruhigungsmittel, dessen flüssige, in Tropfen einzunehmende Zubereitung sie als “S…” bezeichnet und das in der Darreichungsform als Kapseln die Benennung S… Konzentrat” trägt. Die Präparate sind apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtig. Sie sind vom Bundesgesundheitsamt als Arzneimittel zugelassen, auch – sind die Packungsbeilagen sowohl für die Tropfen wie auch für die Kapseln von derselben Behörde genehmigt worden.

Auf diesen Packungsbeilagen befinden sich die durch die von dem Landgericht Berlin im vorliegenden Verfahren erlassene, nachfolgend im Wortlaut wiedergegebene einstweilige Verfügung untersagten Angaben, wobei die mit Ziffer 1. a) aa) verbotene Mitteilung unter der Oberschrift ·“Anwendungsgebiete” erfolgt und die übrigen Aussagen unter der Überschrift “Eigenschaften” abgedruckt sind.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, durch diese Hinweise werde für Arzneimittel, die dazu bestimmt seien, bei Menschen die Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die Stimmungslage zu beeinflussen, außerhalb von Fachkreisen geworben, was heilmittelwerberechtlich unzulässig sei.

Antragsgemäß hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin durch Beschluß vom 6. April 1993 der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Verfügung unter Androhung der im Gesetz vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt,

  • im geschäftlichen Verkehr außerhalb der Fachkreise zu werben:
  • Für das Mittel “S…” (Konzentrat):

    • “zur unterstützenden Behandlung von Angstzuständen”;
    • “zur Unterstützung der Behandlung von depressiven Verstimmungen”;
    • “im weiteren Verlauf der Behandlung sollen mit der stimmungsaufhellenden Wirkung des Johanniskrauts Unlustgefühle und Antriebsstörungen günstig beeinflußt werden”;
  • Für das Mittel “S…” (Tropfen)

    • “… können Angst- und Unruhegefühle spürbar verringert werden”;
    • “… werden durch die mild antidepressive Wirkung des Johanniskrautes Unlustgefühle und Antriebsstörungen günstig beeinflußt”.

Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs hat die Antragsgegnerin vorgetragen, zwar teile sie die Auffassung der Antragstellerin, daß auch Packungsbeilagen Werbung enthalten könnten. Dies treffe jedoch im Hinblick auf die gerügten Angaben nicht zu, weil diese zur Information für die Patienten notwendig seien und sich in dem durch deren Aufklärungsinteresse gesteckten Rahmen hielten.

Durch das vorliegend angefochtene, am 14. Mai 1993 verkündete Urteil hat die Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin die von ihr erlassene einstweilige Verfügung bestätigt.

Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, die beanstandeten Angaben verstießen ausnahmslos gegen das heilmittelwerberechtliche Verbot, außerhalb von Fachkreisen für Arzneimittel zu werben, die dazu bestimmt seien, die Stimmungslage zu beeinflussen. Für die unter den Überschriften “Eigenschaften” auf den Packungsbeilagen gemachten, von dem Antragsteller gerügten Bekundungen gelte dies schon deswegen, weil es sich nicht um gesetzlich vorgeschriebene Angaben handele, kenne doch das Heilmittelwerberecht eine Pflichtangabe “Eigenschaften” nicht.

Im Ergebnis nichts anderes gelte allerdings auch hinsichtlich der Aussage “zur unterstützenden Behandlung von Angstzuständen” in der Rubrik “Anwendungsgebiete” auf dem Beipackzettel des Präparates “S… Konzentrat”. Denn es sei anerkannt, daß angesichts des Schutzzweckes der im Heilmittelwerbegesetz ausgesprochenen Werbeverbote, nämlich den mit der Selbstmedikation verbundenen erheblichen Risiken vorzubeugen, es Sachverhalte gebe, die dazu zwängen, … Anwendungsgebiete nicht vollständig aufzuführen. So verhalte es sich vorliegend, denn wenn es auf der gerügten Packungsbeilage heiße “zur begleitenden Behandlung …”, so werde damit der verschleierten Selbstmedikation dadurch Vorschub geleistet, daß die Hemmschwelle des Publikums, ein Stimmungstief auf “chemischem Wege” zu überwinden, herabgesetzt werde. Dies aber habe zur Folge, daß ungeachtet der Einordnung der gerügten Aussage unter der Überschrift “Anwendungsgebiete” eine unzulässige Werbung zu bejahen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich d...

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