Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung nachehelichen Unterhalts
Leitsatz (amtlich)
Eine Befristung des nachehelichen Unterhalts (§ 1573 Abs. 2 BGB) kommt nach einer 17 Jahre langen Ehe nur in Ausnahmefällen in Betracht.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 2, 5 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Urteil vom 10.03.2004; Aktenzeichen 13 F 7473/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 10.3.2004 verkündete Anerkenntnis-Teil- und Schlussverbundurteil hinsichtlich der Entscheidung Folgesache nachehelicher Unterhalt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, ab Rechtskraft der Ehescheidung der Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt von monatlich 392 Euro zu zahlen.
Der Antrag auf Zahlung eines höheren nachehelichen Unterhalts wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragsgegner 5 % und der Antragsteller 95 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Durch Verbundurteil vom 10.3.2004, auf das Bezug genommen wird, hat das FamG die am 1.11.1986 geschlossene Ehe zwischen dem 1960 geborenen Polizeibeamten und der 1961 geborenen Pädagogin - nach Aussetzung der Folgesache Versorgungsausgleich - geschieden und der Antragsgegnerin einen nachehelichen Unterhalt von 391,56 Euro zuerkannt, befristet auf die Dauer von 3 Jahren.
Das Ehescheidungsurteil ist rechtskräftig.
Der am 16.12.1986 geborene Sohn der Parteien D. ist wirtschaftlich selbständig.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Antragsgegnerin in erster Linie gegen die Befristung des nachehelichen Unterhalts, aber auch gegen die ihrer Auffassung nach zu gering bemessene Höhe.
Die Antragsgegnerin beantragt, das Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des AG Pankow-Weißensee hinsichtlich der Entscheidung zur Folgesache nachehelicher Unterhalt abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, nachehelichen Unterhalt monatlich im Voraus von 445 Euro an die Antragsgegnerin zu zahlen.
Der Antragsteller beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Abgesehen von der unterlassenen Aufrundung des rechnerisch gefundenen Ergebnisses (vgl. Nr. 24 der Leitlinien des Kammergerichts) von 391,56 Euro auf 392 Euro ist die Höhe des der Beklagten gem. § 1573 Abs. 2 BGB zuerkannten Aufstockungsunterhalts nicht zu beanstanden. Die Einkommenszahlen für den Antragsteller gehen von den überreichten Gehaltsbescheinigungen von 2002/2003 aus und berücksichtigen eine weitere Reduzierung des Weihnachtsgeldes im Berliner öffentlichen Dienst. Nicht zu beanstanden ist weiter der Abzug der Kreditrate von 180 Euro monatlich, die der Antragsteller jetzt an seine Lebensgefährtin zahlt. Mit dem von der Lebensgefährtin erhaltenen Darlehen hat der Antragsteller den gemeinsamen Kredit der Parteien bei der SEB Bank abgelöst, der noch i.H.v. rund 5.600 Euro valutierte. Damit ist auch die Antragsgegnerin von ihrer Haftung ggü. der Bank befreit. Die an die Bank zu zahlenden Raten waren höher als die jetzigen Tilgungsraten, die der Beklagte durch den nachgewiesenen Dauerauftrag und die Vorlage einzelner Abbuchungsbelege (Januar bis Mai 2004) nachgewiesen hat. Durch die vorzeitige Ablösung des Kredits steht die Antragsgegnerin nicht schlechter, als sie bei dessen Fortbestehen stünde.
Zu Recht wendet sich die Antragsgegnerin allerdings gegen die Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs auf 3 Jahre.
Die Ehezeit war mit 17 Jahren (Tag der Eheschließung 1.11.1986 bis zur Volljährigkeit des Sohnes D. am 16.12.2003, § 1573 Abs. 5 S. 2 BGB) lang.
Grundsätzlich wird das Maß des Unterhalts durch die ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 BGB) geprägt. Erzielt ein Ehegatte ein höheres Einkommen als der andere, folgt aus der geschuldeten nachehelichen Solidarität die Verpflichtung des Besserverdienenden, den geschiedenen Ehegatten weiter bis hin zum Maß des § 1578 BGB wirtschaftlich zu unterstützen.
§ 1573 Abs. 5 BGB eröffnet die Möglichkeit der Befristung des Unterhalts, wenn nach Dauer und Art der Ehegestaltung eine unbeschränkte Unterhaltsgewährung unbillig wäre, weil die Teilhabe am ehelichen Lebensstandard nicht mehr gerechtfertigt ist (BGH v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = NJW 2001, 2254 [2258]). Diese Vorschrift begrenzt die nacheheliche Solidarität zeitlich, wenn besondere Billigkeitsgründe dies im Einzelfall erfordern. Eine starre Grenze, von der ab der Unterhaltsanspruch nicht mehr zeitlich begrenzt werden darf, ist nicht normiert. Ab 20 Jahren Ehezeit (BGH v. 24.11.1993 - XII ZR 136/92, MDR 1994, 804 = NJW 1994, 935) wird eine Begrenzung jedoch nicht mehr in Betracht kommen. Auch bei einer Ehedauer von über 10 Jahren ist die Begrenzung die Ausnahme (BGH v. 28.3.1990 - XII ZR 64/89, MDR 1990, 1111 = NJW 1990, 2810), die Ehedauer erhält dann als Billigkeitskriterium im Rahmen der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls immer mehr Gewicht.
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