Leitsatz (amtlich)
Zum Widerruf der einem Mieter erteilten Gestattu^ng der Gartennutzung.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Urteil vom 05.04.2006; Aktenzeichen 5 C 552/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 5.4.2006 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 5 des AG Tiergarten abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, die auf dem Grundstück ... auf dem zweiten Hinterhof vor den letzten beiden Garagen in voller Breite des Hinterhofs durch Zäune, einen Schlagbaum, Pflanzenkübel und Pflanzen errichtete Eingrenzung zu beseitigen und die derart begrenzte Fläche an den Kläger herauszugeben.
Die Kosten der ersten und zweiten Instanz tragen die Beklagten zu je ½.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten gem. § 985 BGB einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im Tenor näher bezeichneten Fläche.
Die Beklagten haben kein Recht zum Besitz an der streitgegenständlichen Fläche, dessen Eigentümer der Kläger ist. Die Fläche ist nicht von der zwischen der Beklagten zu 1) und dem Kläger gem. § 535 BGB geschlossenen mietvertraglichen Vereinbarung umfasst. Nach dem Vortrag der Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen den Parteien ein Leihvertrag gem. § 598 BGB zustande gekommen ist. Ein derartiger Vertrag setzte einen vertraglichen Bindungswillen seitens des Klägers voraus. Nach dem Vortrag der Beklagten soll die Hausverwaltung die Nutzung der Fläche durch die Beklagten "gestattet" haben. Zu den Einzelheiten dieser "Gestattung" haben die Beklagten nichts vorgetragen. Es bestehen daher auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies behauptete "Gestattung" von einem rechtlichen Bindungswillen getragen war.
Eine etwaige Gestattung der Nutzung hat der Kläger ausdrücklich - zuletzt mit Schreiben vom 17.10.2005 - widerrufen. Hierzu war er auch berechtigt. Fehlt es - wie hier - an einer vertraglichen Regelung der Nutzung einer Fläche, so ist die Gestattung - egal ob diese ausdrücklich oder stillschweigend durch bloße Duldung erteilt worden ist - frei widerruflich (Kinne/Schach/Bie-ber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Aufl., § 535, Rz. 26; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III B, Rz. 1225; LG Wuppertal v. 15.9.1995 - 10 S 23/95, WuM 1996, 267). Dem Widerruf der Gestattung steht § 242 BGB nicht entgegen. Zum einen hat der Kläger, nachdem er die entsprechende Mieterbefragung abgeschlossen hat, einen die streitgegenständliche Fläche betreffenden Umgestaltungsplan zu den Akten gereicht. Dieser Umgestaltungsplan, der eine Nutzung durch alle Mieter vorsieht, ist nur durchsetzbar, wenn die Beklagten die streitgegenständliche Fläche räumen und an den Kläger herausgeben. Da der Kläger nachvollziehbar dargelegt hat, dass ihm die Vorlage eines Umgestaltungsplanes erst in der Berufungsinstanz möglich war, ist er mit diesem Vortrag nicht gem. § 531 ZPO ausgeschlossen. Das Interesse des Klägers, die Hoffläche allen Mietern zur Verfügung zu stellen, hat vor dem Alleinnutzungsinteresse der Beklagten Vorrang. Dem Einwand der Beklagten, der Vortrag des Klägers sei unsubstantiiert, weil er keinen Umgestaltungsauftrag vorgelegt habe, steht entgegen, dass der Kläger aufgrund des derzeitigen Verhaltens der Beklagten gehindert ist, einen derartigen Auftrag zu erteilen. Zum anderen steht dem Einwand des § 242 BGB entgegen, dass die Beklagten in dem Rechtsstreit 5 C 14/04 beim AG Tiergarten, der die Räumung und Herausgabe der identischen Fläche zum Gegenstand hatte, erklärt haben, dass sie sich darüber im Klaren seien, dass sie nicht das alleinige Nutzungsrecht an der streitigen Fläche hätten und dass auch andere Mieter diese Fläche nutzen könnten. Die Parteien haben darauf hin den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gleichwohl haben die Beklagten die Nutzung in der streitgegenständlichen Fläche in der bisherigen Form fortgesetzt. Allein schon die eingrenzende Gestaltung der Fläche durch die Beklagten dokumentiert aber den die anderen Mieter ausgrenzenden Alleinnutzungswillen der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1696648 |
NZM 2007, 515 |
ZMR 2007, 613 |
WuM 2007, 68 |
MietRB 2007, 111 |
IMR 2007, 107 |
OLGR-Ost 2007, 299 |