Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsschaden durch Vermögensumschichtung
Leitsatz (amtlich)
1) Ein Schaden durch nachteilige Vermögensumschichtung, den ein Wohnungseigentümer durch erzwungene Zahlungen an die Gemeinschaftskasse aufgrund einer ungerechtfertigten einstweiligen Anordnung erleidet (vgl. BGHZ 120, 261 = NJW 1993, 593), besteht nur dann und so lange, als der Rückzahlungsanspruch nicht durch Verrechnung mit fälligen Forderungen der Miteigentümer erloschen ist.
2) Eine solche Verrechnungswirkung kann auch dadurch eintreten, daß mangels wirksamer Fälligstellung von Hausgeldpflichten durch Eigentümerbeschlüsse sich die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer aus der laufenden Bewirtschaftung nur nach dem gesetzlichen Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB richten.
3) Ein Wohnungseigentümer, der nach Aufhebung einer einstweiligen Anordnung einen Vollzugsschaden gemäß § 945 ZPO wegen nachteiliger Vermögensumschichtung geltend macht, muß darlegen und beweisen, daß ein im Rahmen des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots Zug um Zug an den Ersatzpflichtigen abzutretender Rückzahlungsanspruch gegen die Miteigentümer noch besteht und nicht aufgrund zwischenzeitlicher Verrechnungen entfallen ist.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, § 28; BGB §§ 249, 426; ZPO § 945
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 11 O 442/91) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21. April 1993 verkündete Urteil des Landgerichts – 11 O 442/91 – teilweise geändert:
Unter Teilaufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Berlin vom 21. September 1992 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28. September 1992 wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 711,46 DM nebst folgenden Zinsen zu zahlen:
auf 2.751,18 DM
4 % für die Zeit vom 9, August 1988 bis zum 7. September 1988 und
7,25 % für die Zeit vom 8. September 1988 bis zum 13. Oktober 1988 sowie
auf 711,46 DM
7,25 % seit dem 14. Oktober 1988.
Im übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 14.977,16 DM, für den Beklagten 711,46 DM.
Tatbestand
Die Klägerin war bis zum 20. November 1987 Wohnungseigentümerin mit 25 Wohnungen und 65,5 % der Miteigentumsanteile der Wohnanlage. Aufgrund einer später für ungültig erklärten Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1985 erwirkte der Beklagte (Miteigentümer zu 2,8 %) im Wege einer einstweiligen Anordnung am 30. Dezember 1987 im Verfahren 70 II 68/87 AG Tiergarten einen auf Zahlung zu Händen des Verwalters gerichteten vollstreckbaren Titel wegen
a) |
Nachzahlung für 1985 |
7.090,01 DM |
b) |
Umlagenabrechnung Kellerdecke |
7.887,18 DM |
zusammen |
14.977,19 DM |
zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 2. November 1987. Aus diesem Titel vollstreckte er in der Zeit vom 28. März 1988 bis 16. August 1988 in Mietzinsforderungen der Klägerin in Höhe von insgesamt 17.728,37 DM, von denen der damalige Verwalter der Wohnanlage gemäß seinem Schreiben vom 25. August 1988 an den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und gemäß dem Überweisungsträger (Bd. II Bl. 3) 711,46 DM auf Anwaltskosten verrechnete und den verbleibenden Differenzbetrag zu 14.977,19 DM in Höhe von 2.039,72 DM am 14. Oktober 1988 an die Klägerin zurücküberwies. Der Abrechnungsbeschluß für das Wirtschaftsjahr 1985, auf den die einstweilige Anordnung des AG Tiergarten vom 30. Dezember 1987 gestützt war wurde am 13. März 1991 rechtskräftig für unwirksam erklärt. Mit der am 15. Juni 1988 in Höhe von 11.310,71 DM und am 8. September 1988 in Höhe von weiteren 6.417,66 DM zugestellten Klage (zunächst Widerklage, dann abgetrennt) macht die Klägerin gegen den Beklagten nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung von 2.039,72 DM noch eine Schadensersatzforderung von 15.688,65 DM nebst, gestaffelten Zinsen geltend.
Die Wirtschaftsperiode 1985 wurde durch bestandskräftigen Eigentümerbeschluß vom 10. Oktober 1965 um vier Monate bis zum 30. April 1986 verlängert, wodurch vier weitere monatliche Vorschüsse fällig wurden. Später ging die Gemeinschaft – auch für 1986 – aber wieder zum Kalenderjahr als Abrechnungsjahr über. Bis zum Ausscheiden der Klägerin am 20. November 1987 gelangen der Gemeinschaft weder weitere Wirtschaftsplan- noch Jahresabrechnungsbeschlüsse.
Freiwillig zahlte die Klägerin