Leitsatz (amtlich)
1. Ansprüche aus allgemeiner Prospekthaftung verjähren in Analogie zu den gesetzlich geregelten Prospekthaftungstatbeständen in 6 Monaten nach Kenntnis des Betroffenen von den Prospektfehlern, spätestens jedoch 3 Jahre nach Erwerb des Anteils oder der Beteiligung (wie KG v. 20.7.2001 – 9 U 1912/00, KGReport Berlin 2001, 362; BGH v. 18.12.2000 – II ZR 191/99, MDR 2001, 825 = BGHReport 2001, 245).
2. Ein deliktsrechtlicher Anspruch wegen Kapitalanlagebetruges gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB setzt bei Vorliegen eines fehlerhaften Prospekts voraus, dass das in Anspruch genommene Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft oder der Geschäftsführung einer GmbH an der Erstellung dieses Prospektes mitgewirkt hat, indem es entweder durch aktives Tun unrichtige vorteilhafte Angaben im Prospekt gemacht oder nachteilige Tatsachen verschwiegen hat.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2, § 826
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 20 O 247/00) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Berlin vom 26.9.2000 – 20 O 247/00 – wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz für den Verlust seiner Beteiligung als stiller Gesellschafter der in Konkurs gegangenen … (AG). Er behauptet, durch falsche Angaben im Emissionsprospekt der AG zu der Beteiligung veranlasst worden zu sein. Als Vorstandsmitglied der AG habe der Beklagte für Prospektfehler einzustehen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Entgegen der Angabe auf S. 5 des Urteils hatte der Kläger allerdings keine Beteiligung des Typs A, sondern eine Beteiligung vom Typ S (atypische stille Beteiligung mit Steuervorteilen) gewählt (vgl. Anl. K5 und K6 zur Klageschrift).
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Beklagte hafte nicht für Fehler des Emissionsprospekts der AG, da er an der Erstellung des Prospekts unstreitig nicht beteiligt gewesen sei. Der Beklagte habe den Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB (Kapitalanlagebetrug) auch nicht durch Unterlassen erfüllt, denn er sei nicht Garant für die Richtigkeit des Emissionsprospekts gewesen. Eine Garantenpflicht ggü. dem Kläger lasse sich insbesondere nicht aus § 77 AktG herleiten. Danach sei ein Vorstandsmitglied zwar verpflichtet, die anderen Vorstandsmitglieder zu überwachen, jedoch bestünde diese Pflicht ausschließlich ggü. der Aktiengesellschaft und nicht ggü. (potentiellen) Anlegern. Entsprechendes gelte für Ansprüche aus allgemeiner Prospekthaftung, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 54 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) und aus § 826 BGB. Auch sie begründeten eine Haftung für Unterlassen nur dort, wo der in Anspruch Genommene verpflichtet gewesen sei, die Erstellung und Verbreitung falscher bzw. irreführender Emissionsprospekte zu verhindern.
Gegen dieses ihm am 20.11.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 18.12.2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und die Berufung am 12.1.2001 begründet.
Er meint, der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, an der Erstellung des Prospekts nicht mitgewirkt zu haben. Als Vorstandsmitglied der AG sei er verpflichtet gewesen, für einen ordnungsgemäßen Prospektinhalt zu sorgen. Dementsprechend sei der Beklagte – was unstreitig ist – vom Hanseatischen OLG Hamburg auf die Klage eines anderen Anlegers zu Schadensersatz wegen Prospekthaftung verurteilt worden; der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten für eine Revision gegen dieses Urteil sei vom BGH abgelehnt worden (ebenfalls unstreitig).
Der Kläger behauptet, der Beklagte sei in die Erscheinungsformen der Anlegertäuschungen der AG eingeweiht gewesen. Auch sei ihm die chronische Liquiditätsschwäche der Gesellschaft bekannt gewesen, ohne dass er dies zum Anlass genommen habe, Maßnahmen zum Schutz des Anlegerkapitals zu treffen. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass zu keinem Zeitpunkt Vorstandskonferenzen oder -besprechungen stattgefunden hätten. Derartige typische Merkmale eines konspirativen Vorgehens hätte er hinterfragen und ggü. den Anlegern offen legen müssen.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 26.842,82 EUR (52.500 DM) nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat die Klage zu Recht abgewie...