Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen und der Beweislast des Schadensersatzanspruches einer GmbH gegen ihren Geschäftsführer, der beim Abschluss von Verträgen seine interne Kompetenz überschritten hat.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 25.07.2003; Aktenzeichen 96 O 9/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.7.2003 verkündete Urteil des LG Berlin - 96 O 9/03 - unter Berufungszurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert und neu gefasst:
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 113.680 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.9.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird gestattet, eine Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils für die andere Partei vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht die andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger war Geschäftsführer der Beklagten. Wegen seines Anstellungsvertrages wird auf die Anlagen K 1 bis K 4 zur Klageschrift (aus dem Verfahren zur früheren Geschäftsnummer 92 O 71/02) Bezug genommen. Unter dem 24.7.2001 unterzeichnete er zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer für die Beklagte einen Vertrag mit einer T. KG über die Anmietung einer Telefonanlage. Am 8.10.2001 unterzeichnete er zusammen mit der Prokuristin der Beklagten, Frau W., einen Leasingvertrag über Computerhardware mit der H.-P. F.S. GmbH. Am 16.11.2001 schloss er wiederum unter Mitwirkung der Prokuristin Frau W. einen Vertrag über die Lieferung eines Buchhaltungsprogramms mit der G. H.U. GmbH (künftig U.) ab. Wegen des Inhalts der drei Verträge wird auf die entsprechenden Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten v. 29.7.2002 (aus dem Verfahren zur früheren Geschäftsnummer 92 O 75/02) Bezug genommen.
Mit seiner Klage wandte der Kläger sich gegen fristlose Kündigungen seines Anstellungsvertrages. Die Beklagte hat ggü. dem Kläger Widerklage auf Schadensersatz wegen ihrer Auffassung nach vorliegender Verletzungen von Geschäftsführerpflichten im Zusammenhang mit den drei vorgenannten Verträgen erhoben. Die Parteien haben im ersten Rechtszug wegen der Klage einen Teilvergleich abgeschlossen, wegen dessen Inhalts auf die Sitzungsniederschrift des LG v. 20.6.2003 Bezug genommen wird. Das LG hat die Widerklage durch ein am 25.7.2003 verkündetes Urteil abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es liege wegen der Geltendmachung von Schadensersatz keine hinreichende Ermächtigung durch die Gesellschafterversammlung der Beklagten nach § 46 Ziff. 8 GmbHG vor. Wegen der Anträge und tatsächlichen Feststellungen im ersten Rechtszug wird auf das Urteil verwiesen.
Gegen dieses ihr am 29.7.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 29.8.2003 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach einem am 23.9.2003 eingegangenen Antrag ist die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist am 29.10.2003 eingegangen.
Die Beklagte verfolgt ihre Widerklage im zweiten Rechtszug unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen weiter. Sie meint, bereits im ersten Rechtszug habe sie hinreichend zur Beschlussfassung der Alleingesellschafterin vorgetragen und legt im weiteren einen Beschluss der Gesellschafterversammlung v. 29.10.2003 vor, wegen dessen Inhalts auf die Anlage BK 1 zur Berufungsbegründung verwiesen wird.
Die Beklagte verlangt vom Kläger wegen des Erwerbs der Buchhaltungssoftware von der U. Schadensersatz i.H.v. 127.410 Euro (124.240 Euro vertraglicher Festpreis + 3.170 Euro für einen Vororteinsatz eines Mitarbeiters der U.). Der Kläger habe bei der Auftragsvergabe - die bereits pflichtwidrig um 57.055 Euro über dem vorangegangenen Angebot der U. liege - wegen fehlender Einholung der Zustimmung der Alleingesellschafterin gegen die dienstvertraglich und gesellschaftsrechtlich festgelegte Kompetenzordnung verstoßen. Er habe es weiter pflichtwidrig versäumt, Konkurrenzangebote einzuholen und den Vertrag unter handelsunüblich ungünstigen Bedingungen abgeschlossen. Der Kläger habe die Prokuristin W. mit unzutreffenden Angaben über das angebliche Einverständnis der Geschäftsführer der Gesellschafterin der Beklagten zur Unterschriftsleistung unter den Vertrag verleitet. Die angeschaffte Software sei mangelhaft, nicht einsatzfähig und als Investition insb. wegen des im Vergleich zu anderen Angeboten mehr als doppelt so hohen Preises wirtschaftlich sinnlos. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf ein von ihr eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. (Anlage BK 2 zur Berufungsbegründung) und ein Angebot über 13.045 Euro der Fa. D. (Anlage BK 3).
Wegen der von ihr behaupteten Mangelhaftigkeit der U.-Software macht sie ferner 26.940 Euro ...