Leitsatz (amtlich)
Der auf die Einhaltung einer vertraglichen Betriebspflicht gerichtete Erlass einer einstweiligen Verfügung ist ausnahmsweise nur dann gerechtfertigt, wenn der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er so dringend auf die sofortige Erfüllung der Betriebspflicht angewiesen ist und sonst so erhebliche Nachteile erleiden würde, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 25.02.2004; Aktenzeichen 105 O 8/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.2.2004 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 105 des LG Berlin - 105 O 8/04 - abgeändert:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird unter Aufhebung des Beschlusses des LG vom 19.1.2004 zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
1. Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des LG vom 25.2.2004, auf dessen Gründe verwiesen wird. Die Beklagte hält das Urteil für unzutreffend, weil eine wirksame Betriebspflicht nicht vereinbart worden sei, diese im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen fehlender Vollstreckungsmöglichkeit nicht durchgesetzt werden könne und eine Verfügungsgrund nicht vorgelegen habe.
Die Beklagte beantragt, das am 25.2.2004 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 105 des LG Berlin - 105 O 8/04 - abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter Aufhebung des Beschlusses des LG vom 19.1.2004 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das landgerichtliche Urteil für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze vom 24.5. und 19.7.2004 verwiesen.
2. Die Berufung der Beklagten ist begründet, da eine Erledigung des Rechtsstreits i.S.d. § 91a Abs. 1 ZPO nicht eingetreten ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte die einstweilige Verfügung vom 19.1.2004 nicht erlassen werden.
a) Zwar ist in Übereinstimmung mit dem LG davon auszugehen, dass die formularmäßige Vereinbarung der Betriebspflicht in Ziff. 10.1 des Mietvertrages trotz des in Ziff. 2.2 (ebenfalls formularmäßig) vereinbarten Ausschlusses des Konkurrenz- und Sortimentsschutzes wirksam war (OLG Rostock, Urt. v. 8.3.2004 - 3 U 118/03, OLGReport Rostock 2004, 268 = MietRB 2004, 227; OLG Hamburg, Urt. v. 3.4.2002 - 4 U 236/01, OLGReport Hamburg 2003, 201 = ZMR 2003, 254; KG, Urt. v. 17.7.2003 - 22 U 149/03, KGReport Berlin 2003, 315 = MDR 2004, 84; a.A.: Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II Rz. 274; OLG Schleswig, Beschl. v. 2.8.1999 - 4 W 24/99, OLGReport Schleswig 1999, 385, m.w.N.). Insoweit bestand auch ein Anspruch der Klägerin darauf, dass die Beklagte nicht gegen die ihr obliegende Betriebspflicht verstieß, so dass die von ihr mit dem Antrag vom 16.1.2004 gewählte - auf Unterlassung eines Verstoßes gegen die Betriebspflicht lautende - Antragsformulierung der Rechtslage entsprach; auf die in der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Vollstreckung einer auf Einhaltung der Betriebspflicht gerichteten einstweiligen Verfügung vertretenen unterschiedlichen Auffassungen zur Unzulässigkeit eines hierauf gerichteten Antrags (einerseits OLG Naumburg, Beschl. v. 21.11.1997 - 2 W 14/97, OLGReport Naumburg 1998, 312 - unzulässig; andererseits OLG Celle, Beschl. v. 2.1.1996 - 2 W 80/95, OLGReport Celle 1996, 176; KG, Urt. v. 17.7.2003 - 22 U 149/03, KGReport Berlin 2003, 315 = MDR 2004, 84; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.10.2003 - 10 W 64/03, GuT 2004, 17 - zulässig) kommt es daher hier nicht an.
b) Jedoch durfte die einstweilige Verfügung nicht erlassen werden, weil die Klägerin einen Verfügungsgrund i.S.d. § 940 ZPO nicht glaubhaft gemacht hat.
Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Stattgabe des Antrags zur Erfüllung des Anspruchs der Klägerin führt und damit die Hauptsache vorwegnimmt. Insoweit ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und sonst so erhebliche Nachteile erleiden würde, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist (OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.8.2001 - U (Kart) 20/01, RdE 2002, 21; juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 940 Rz. 6, m.w.N.). Hierfür hat die Klägerin nachprüfbare Umstände nicht vorgetragen. Der Vortrag der Klägerin auf S. 5 der Antragsschrift, S. 4 des Schriftsatzes vom 19.2.2004 und S. 3 der Berufungsbegründung vom...