Leitsatz (amtlich)

Eine nachträgliche Honorarvereinbarung ist abweichend von § 4 Abs. 1 HOAI nur dann zulässig, wenn an den Architekten keine Ansprüche auf Vertragserfüllung mehr gestellt werden können, weil die geschuldete Leistung vollständig erbracht worden ist.

 

Normenkette

HOAI § 4

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 95 O 227/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.02.2003; Aktenzeichen VII ZR 169/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.6.2001 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 95 des LG Berlin – 95 O 227/00 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.d. beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit durch eine unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Europäischen Union als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Kreditinstituts zu leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Anträge, des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil der Kammer für Handelssachen 95 des LG Berlin Bezug genommen, das der Beklagten am 12.7.2001 zugestellt worden ist. Die Beklagte hat dagegen am 13.8.2001 (Montag) Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.10.2001 an diesem Tag begründet.

Die Beklagte hat für die von der Klägerin erbrachten Leistungen insgesamt 879.648,45 DM gezahlt.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht insbesondere geltend: Der schriftliche Vertrag vom 8./12.5.1995 sei vor Abschluss der Arbeiten der Klägerin geschlossen worden. Vor Abschluss habe die Klägerin nur die Entwurfsplanung nebst textlicher Erläuterung und die Systemanalyse erbracht. Die Entwurfsplanung sei mangelhaft gewesen. Die Restleistungen in Bezug auf die Genehmigungs- und Ausführungsplanung seien noch offen gewesen. Außerdem hätten sich die Parteien mit Abschluss des Vertrags vom 8./12.5.1995 nicht über das Honorar geeinigt, wie die Aktennotiz vom 12.6.1996 zeige. Die hilfsweise erklärte Anfechtung sei rechtzeitig erfolgt.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen; ihr zu gestatten, die Sicherheitsleistung auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank beizubringen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen; vorsorglich ihr zu gestatten, jegliche Sicherheit durch eine unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft der Banque Générale in Luxemburg oder eines anderen als Zoll- und Steuerbürge in der EU zugelassenen Kreditinstitutes leisten zu dürfen; im Wege der unselbstständigen Anschlussberufung die Beklagte zu verurteilen, an sie 678.598,19 EUR (1.327.222,70 DM) nebst 5 % Zinsen für die Zeit vom 16.2.2000 bis Rechtshängigkeit, vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an 5 % über dem Basiszins gem. § DÜG zu zahlen.

Die Klägerin trägt vor: Das Honorar sei vereinbart worden, als der Planungsaufwand und die Leistungsergebnisse bereits bekannt gewesen seien. Sie habe auch Planungsleistungen für die Handelseinrichtungen erbracht. Nur die Geräte selbst habe sie nicht geplant. Die Geräte seien im Rahmen der Planung „mitverarbeitet” worden. Sie seien daher bei der Honorarabrechnung zu berücksichtigen. Über die Planung der Kommunikationstechnik könne das Honorar frei vereinbart werden. Es habe wiederholt Erschwernisse bei der Planung im Zusammenwirken mit anderen Planern gegeben. Ihre Tätigkeit sei spätestens am 19.5.1995 beendet worden. Sie habe das Projekt im beauftragten Umfang bereits im April 1995 abgeliefert. Etwaige Mängel ihrer Arbeit seien bereits auf der Projektbesprechung vom 2.5.1995 ausgeräumt worden. Gelegenheit zur Nachbesserung sei ihr ausweislich des Schreibens vom 19.5.1995 nicht gegeben worden. Einen aus Kulanz für etwaige Nacharbeiten angebotenen Rechnungsabzug i.H.v. 50.600 DM habe die Beklagte nicht akzeptiert.

Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Klägerin steht ein weiterer Honoraranspruch gegen die Beklagte aus § 631 BGB a.F. i.V.m. § 8 HOAI (1991) entgegen der Ansicht des LG nicht zu.

1. Auf § 9 (3) des Vertrags vom 8./12.5.1995 kann sich die Klägerin nicht berufen. Die darin getroffene Vereinbarung über die anrechenbaren Kosten unter Einbeziehung der kompletten Handelseinrichtungen ist unwirksam.

Unabhängig davon, ob eine ...

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