Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.10.2020; Aktenzeichen O 27 583/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 08.10.2020, Az. 27 O 583/19, abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das Landgericht Berlin hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der beanstandeten Textpassagen in dem am 23.05.2019 von ihr auf der Internetseite www.faz.net veröffentlichten Artikel mit der Überschrift "Gewaltvorwürfe gegen Musiker - Der Deutsch-Rap muss umdenken" verurteilt. Im Kern geht es um die Mitteilung, der Kläger soll seine ehemalige Freundin geschlagen, ihr gegen den Kopf getreten und gedroht haben, sie für 5 000 EUR "abstechen" zu lassen, sollte sie die Polizei rufen. Es handelt sich vorliegend um das Hauptsacheverfahren zu der vom Kläger zuvor bei dem Landgericht Berlin, 27 O 351/19, erlangten einstweiligen Verfügung.
Hinsichtlich des Parteienvortrages in erster Instanz und der dort getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des am 08.10.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin Bezug genommen. Die Beklagte hat gegen das ihr am 18.10.2020 zugestellte Urteil am 06.11.2020 Berufung eingelegt. Auf ihren Antrag vom 05.12.2020 ist der Beklagten eine Fristverlängerung bis zum 19.01.2021 zur Begründung der Berufung bewilligt worden. Die Beklagte hat an diesem Tag die Berufungsbegründung eingereicht.
Sie macht im Wesentlichen geltend:
Das Landgericht lasse unerwähnt, dass die Themen des Gangsta-Rap seit jeher in der Kritik stünden. Das Protzen mit Waffen, das Verachten von Frauen und die Gewaltverherrlichung gehörten zum Geschäftsmodell des Klägers und seiner Kollegen. Der Kläger sei einer der populärsten und erfolgreichsten Rapper Deutschlands. Er habe enormen Einfluss und immense Vorbildfunktion für die Kinder und Jugendlichen.
Der in Rede stehende Artikel greife die Diskussion auf, dass verschiedene Rapper die Themen aus ihren Texten -Gewaltverherrlichung, Sexismus, Frauenverachtung- auch in der Realität lebten. Das Landgericht habe diesen Aspekt nicht berücksichtigt.
Es sei entgegen der Darstellung des Landgerichts unstreitig, dass der Kläger selbst das öffentliche Interesse an den gegen ihn erhobenen Vorwürfen durch spöttische Kommentare auf Instagram in Bezug auf die Auseinandersetzung seines Kollegen "Gzuz" (bürgerlich: Kristoffer Klauß) und dessen Ex-Freundin aktiv auf sich gelenkt habe.
Bereits in erster Instanz seien "weitere belastbare Umstände" vorgetragen worden, nämlich:
Eidesstattliche Versicherung der Ex-Lebensgefährtin des Klägers, Frau Ettaieb (Anlage B 14),
Strafanzeige der Ex-Lebensgefährtin,
Strafrechtliches Ermittlungsverfahren (Anlage B 11),
Bericht der zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (Anlage B 10),-
Gewaltschutzverfügung des Amtsgerichts Hamburg-Altona (Anlage B 9)
Hinzu komme noch der Mitschnitt des Notrufs der Ex-Lebensgefährtin bei der Polizei unmittelbar nach der Tat (Anlage BK 2).
Die Berichterstattung sei auch ausgewogen. Es werde mehrfach deutlich gemacht, dass es sich lediglich um Vorwürfe gegen den Kläger handele. Eine Vorverurteilung finde nicht statt. Wenn der Kläger sich auf die Anfrage geäußert hätte, wäre seine Sichtweise in den Beitrag eingegangen. Dass der Kläger von einer Stellungnahme abgesehen habe, könne ihr, der Beklagten, nicht zum Nachteil gereichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Oktober 2020 zum Az. 27 O 583/19 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens habe keinerlei objektiven Beweiswert. Die Beamten seien in dem polizeilichen Schlussvermerk vom 20.05.2019 (Anlage K 14) zu der Annahme gekommen, die vermeintlich Geschädigte habe keine eindeutigen Angaben zum Tathergang gemacht und es sei nicht auszuschließen, dass eine mediale Dramatisierung des Sachverhalts durch die Rechtsanwältin und die Geschädigte bewusst, ohne Einbindung der Ermittlungsbehörden produziert werde, um einen zivil- und familienrechtlichen Streit mit dem Kläger zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Diese Bewertung habe letztendlich zu der Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO durch die Staatsanwaltschaft Hamburg mit Verfügung vom 07.09.2020 geführt. Ein Rechtsmittel sei hiergegen nicht eingelegt worden.
Zur Vervollständigung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.-
II. Die zulässige, insbesondere die Form- und Fristvorschriften wahrende Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klage ist unbegründet, da dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art...