Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-03 O 121/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 15. Juli 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 2-03 O 121/20 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die einstweilige Verfügung - Beschluss - der Kammer vom 3. April 2020 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die gesamten Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist rechtskräftig (§ 542 Abs. 2 ZPO).
Der Streitwert für das Eil- und Berufungsverfahren wird auf je 10.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) nimmt die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) auf Unterlassung einer ihn betreffenden Presseberichterstattung mit Foto in Anspruch.
Die Beklagte veröffentlichte am 23. Februar 2020 um 15.24 Uhr auf ihrer Webseite einen Artikel mit der Überschrift "Razzia bei Spielerberater Ramadani" nebst einem den Kläger zeigenden Foto. Die Unterüberschrift lautet: "Er ist einer der erfolgreichsten Spielervermittler im Fußball - und jetzt ins Visier der Ermittler geraten: Wegen Geldwäscheverdachts wurde die Wohnung von Fali Ramadai durchsucht."
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Artikels wird auf die Anlage ASt. 2, BI. 29 f. d.A. Bezug genommen.
Auf den Antrag des Klägers vom 23. März 2020 hat das Landgericht durch Beschluss vom 3. April 2020 (BI. 142 ff. d. A.) im Wege der einstweiligen Verfügung der Beklagten untersagt, über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verdachts der Geldwäsche identifizierend zu berichten durch Nennung seines Namens und/oder Veröffentlichung seines Bildnisses, wenn dies geschieht wie auf www.spiegel.de am 23. Februar 2020 unter der Überschrift "Razzia bei Spielerberater Ramadani" geschehen und aus der Anlage Ast. 2 ersichtlich.
Auf den Widerspruch der Beklagten hin hat das Landgericht durch das angefochtene Urteil die einstweilige Verfügung bestätigt und dem Kläger einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 1004 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zugebilligt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die angegriffene Berichterstattung nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung unzulässig sei, da die Vorwürfe der Geldwäsche für den Kläger mit einer stigmatisierenden und durchaus geschäftsschädigenden Wirkung verbunden sein können und die Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts die Beeinträchtigung der Meinungs- und Pressefreiheit der Beklagten überwiege.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der landgerichtlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihr am 20. Juli 2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einer am 29. Juli 2020 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt, die mit einer am 18. September 2020 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet worden ist.
Die Beklagte trägt zur Begründung ihr Berufung vor:
Das Landgericht gehe - unter Verkennung der Staranwalt-Entscheidung des BGH vom 18. Juni 2019 (VI ZR 80/18) - vom Grundsatz der Unzulässigkeit einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung vor einer zumindest erstinstanzlichen strafrechtlichen Verurteilung des Betroffenen aus, die nur in krassen Ausnahmefällen durchbrochen werden könne. Demgegenüber sei die identifizierende Verdachtsberichterstattung auch weiterhin vor einer strafrechtlichen Verurteilung zulässig, wenn die dem Beschuldigten vorgeworfene Straftat oder dessen herausgehobene Stellung ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch über die Identität des Betroffenen begründeten, hinter dem das Interesse des Beschuldigten am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten habe.
Vorliegend liege auch kein Fall der strafverfahrensbegleitenden Verdachtsberichterstattung vor, sondern eine investigative Berichterstattung mit einem Mindestbestand an Beweistatsachen unabhängig vom Stand eines Ermittlungsverfahrens. Sowohl die Person des Klägers als einer der international bekanntesten Spielervermittler im Bereich des Profifußballs als auch die Art, Schwere und Bedeutung der Straftat, derer der Verfügungskläger verdächtigt werde, spreche für die Zulässigkeit der Berichterstattung. Auch internationale Zeitungen hätten über den Kläger berichtet. Die Eingriffsintensität sei vergleichsweise gering, weil die zugrunde liegenden Vorwürfe seit langem bekannt seien. Der Kläger habe auch nicht über entstandene Nachteile aufgrund des Beitrags berichtet. Auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 7. Juli 2020 - 1 BvR 146/17) habe jüngst wieder die Zulässigkeit der identifizierenden Verdachtsberichterstattung betont, sofern die allgemeinen Sorgfaltsanforderungen eingehalten würden. Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Berichterstattung auch ohne Namensnennung oder Bebilderung möglich sei, sei nicht erlaubt (so OLG Köln, Urteil vom 3. Oktober 2016 - 15 U 127/16).
Die Beklag...